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Wer baggert so spät noch …?

19. Februar 2024 - von Folke Heyer

Aktuell gerät auch die Elektrifizierung des Off-Road-Bereichs, beispielsweise bei Baumaschinen, zunehmend in den Fokus etablierter Hersteller – und dies nicht allein aufgrund der dadurch ermöglichten längeren Einsatzzeiten. Auch Start-ups sowie Hersteller weiterer Maschinen, die für Arbeiten in Gelände oder Landwirtschaft ausgelegt sind, suchen nach innovativen Lösungen für ihre effizienten elektrifizierten Produkte.

Was macht ein Thermomodul?

Seine Aufgabe ist die Temperaturkonditionierung der Akkus von Elektroantrieben. Dabei folgt die von Rheinmetall für diese Geräte eingesetzte Luft-Wasser-Wärmepumpe dem Kühlschrankprinzip. Der Prozess bewirkt so bei hohen Außentemperaturen, dass Kühlflüssigkeit aus dem Akkupack über einen Wärmetauscher läuft, um anschließend die Batterie selbst oder eine Fahrerkabine mit einer Kühlleistung von bis zu 8 kW zu temperieren. Umgekehrt wird der Prozess bei kühlen Temperaturen: Die „Restwärme“ der Außenluft wird dann zur Wärmegewinnung im Innenraum und zum Temperieren der Batterie genutzt. Angesichts maximal 11 kW Heizleistung werden Zusatzheizungen so praktisch hinfällig.

Ein Trend, dem auch Rheinmetall entspricht. So arbeitet das Unternehmen aktuell unter anderem an Komponenten für elektrifizierte Fahrzeuge im Off-Road-Bereich. Ziele sind dabei, die Reichweite zu erhöhen oder die mögliche Einsatzdauer zu verlängern.

Mit seinem Neckarsulmer Team ist beispielsweise Michael Lutz als Geschäftsfeldmanager für „Energy Recovery Systems“ in diesem Bereich aktiv. Die Entwickler in Baden-Württemberg arbeiten zurzeit an der Marktreife eines Thermomoduls, das als Komplettlösung für unterschiedlichste Fahrzeugtypen oder sogar Boote entwickelt wurde. Aufgabe des Moduls, das dem Prinzip der Wärmepumpe folgt, ist es, die für den elektrischen Betrieb eingesetzten Batterien in einem Temperaturfenster zu halten, in dem sie ihre optimale Leistung abgeben können. Dabei wird gekühlt oder geheizt, je nach Betriebszustand und Außentemperatur. In gleicher Weise lässt sich das Modul für die Temperierung von Fahrerkabinen einsetzen.

Schnell integriert

Große Vorteile der Entwicklung von Rheinmetall sind ihre Kompaktheit und Modularität. Das System ist als fertige Plug and Play-Lösung ab Werk vormontiert und mit Kältemittel befüllt. Es kann so problemlos und vor allem ohne großen Aufwand in vorhandene Fahrzeugarchitekturen eingebaut werden. Dazu Lutz: „Im Gegensatz zu den in der Automobilindustrie zurzeit präferierten Systemen sind die Einzelkomponenten unseres Moduls nicht über das gesamte Fahrzeug verteilt und wir kümmern uns mit unserem langjährigen Know-how aus der Automobiltechnik auch um die Integration unserer Komplettlösung in den Antriebsstrang des Kunden.“ Ein weiterer zentraler Vorteil der Neckarsulmer.

Breites Interesse

Deren Kundenkreis ist in der aktuellen Prototypenphase denn auch überaus breit gestreut. Dazu zählen nicht nur Hersteller von Baumaschinen und Traktoren. Genauso interessiert sind beispielsweise Hersteller von Elektrobooten, aber auch Lkw- und Bushersteller sowie Produzenten weiterer landwirtschaftlicher Maschinen oder Firmen aus dem Bereich Bergbau. Die dabei eingesetzten Energieformen beschränken sich allerdings nicht allein auf die Batterieelektrik. Auch Hersteller von Brennstoffzellenantrieben zeigen Interesse an dem kompakten Modul.

Durch seine Kompaktheit und Flexibilität lässt sich das Thermomodul in unterschiedlichsten Fahrzeugarchitekturen einsetzen (Foto: Thomas Ninow)

Voller Stolz auf sein Vertriebsteam kann Lutz zurzeit auf mehr als fünfundzwanzig Kunden verweisen, die seine Lösung für ihren Einsatzzweck anhand von Prototypen prüfen oder bereits einen Serienauftrag platziert haben. In Neckarsulm wurde deshalb bereits 2023 eine Kleinserienfertigung aufgestellt, die problemlos erweiterbar ist, sollten weitere Aufträge folgen.

Großes Marktpotenzial

Auch für Marcus Gerlach, Leiter der Central Division des Rheinmetall Konzerns, steht fest: „Die Märkte für das Thermomodul entwickeln sich zurzeit sehr schnell. Auch wenn wir aktuell noch vornehmlich mit kleineren Volumina befasst sind, eröffnet diese Technologie enormes Potenzial. Darüber hinaus zeigen unsere Schwestergesellschaften in der Wehrtechnik ebenfalls Interesse.“

Der Bereich, der übrigens schon früh auf die fortschrittliche 800-Volt-Technik gesetzt hat, streckt deshalb seine Fühler auch in vollkommen neue Einsatzbereiche außerhalb der Fahrzeugtechnik aus, die zudem ein deutlich höheres und langfristiges Marktpotenzial versprechen.

Und die Motivation für die aktuell vorhandenen Interessenten, auf ein Thermomodul zu setzen, ist angesichts der Verlängerung von Reichweite und Einsatzmöglichkeiten mehr als nachvollziehbar, zumal beispielsweise ein elektrischer Bagger gerade im innerstädtischen Bereich allemal weniger störend und somit zeitlich auch viel länger einsetzbar sein dürfte.

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