Vom Kopf in die Maschine
11. Oktober 2024
16. Februar 2024
Auf dem Grund der Nord- und Ostsee befindlichen sich große Mengen an Kampfmitteln, die dort überwiegend nach dem Zweiten Weltkrieg versenkt worden waren. Wegen ihrer Alterung im Gewässer stellt die Munition eine zunehmende Gefahr für Mensch und Umwelt dar. Rheinmetall und eine internationale Arbeitsgruppe von maritimen Spezialfirmen bieten diesbezüglich eine Lösung in Form einer schwimmenden Arbeitsplattform an. Hierdurch soll im Weiteren der Ausbau der Windkraft in Nord- und Ostsee gesichert werden.
Herausforderung Kriegsmunition in den Meeren
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs liegen in den Tiefen der Nord- und Ostsee große Mengen an Kriegsmunition. Diese Überreste vergangener Schlachten stellen eine große Herausforderung dar. Die Bergung und sichere Entsorgung dieser Munition ist von entscheidender Bedeutung, um potenzielle Risiken für Mensch und Umwelt zu minimieren.
Aus den Tiefen des dunklen Meeres kommt ein ovales, mit Muscheln bedecktes Objekt zum Vorschein. Es ist eine Artilleriegranate aus dem Zweiten Weltkrieg, die fast 80 Jahre auf dem Grund der Ostsee am Meeresgrund ruhte und nun auf eine schwimmende Arbeitsplattform gehoben wird.
So geschehen im Seegebiet nördlich des Darß in Mecklenburg-Vorpommern, wo in den kommenden Jahren der modernste Offshore-Windpark der Ostsee entstehen soll. Insgesamt sollen hier, zusätzlich zu dem bereits seit zehn Jahren in Betrieb stehenden Offshore-Windpark Baltic 1, 103 Windräder aufgestellt werden, um nachhaltigen Strom nach Deutschland und Skandinavien zu liefern. Doch bevor es losgehen kann, muss das Meeresgebiet von explosiven Kampfmittel geräumt werden. Diese todbringenden Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg, die auch heute noch vom Meeresboden aus eine erhebliche Gefahr für Umwelt, Schifffahrt und die Sicherheit der Küstenbewohner darstellen, wurden nach Kriegsende 1945 u.a. in der Lübecker Bucht versenkt. Im Zuge der Installation von zusätzlichen Windrändern, der Verlegung von Kabeltrassen und der Wartung der bereits vorhandenen Anlage muss nun das gesamte Areal sondiert und geräumt werden.
Die angestrebte Energiewende in Deutschland hat Offshore-Windparks eine Renaissance beschert.
Auch der erste kommerzielle Offshore-Windpark der Nordsee, BARD Offshore 1, wird mit seinen 80 vorhandenen Windrädern nun umfassend gewartet. Die hier anstehenden intensiven Wartungsvorhaben erfordern ebenfalls eine vorherige Sondierung von Kampfmitteln am Meeresgrund, um den Windpark sicher betreiben zu können.
Die Überwasser-Wartung, also der Tausch von Turbinen und die Wartung der Rotorblätter, werden von sogenannten Jack-Up Vessels durchgeführt. Diese intelligenten Schiffe können sich wie mobile Ölbohrplattformen aus dem Wasser drücken; sodass die erforderlichen Arbeiten unabhängig von Wetter und Seegang ausgeführt werden können.
Das Risiko, die Füße der Schiffe beim Absenken auf den Meeresboden in unsondierten und nicht geräumten Bereichen auf ein Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg zu setzten, ist jedoch allgegenwärtig. Es ist dann mit unkalkulierbaren Schäden zu rechnen, die im schlimmsten Fall den Ausfall eines Windrades und Gefahr für die Techniker bedeuten könnten.
Rheinmetall hat als Konzern im Offshore Windpark BARD 1 bereits seit Mai 2023 für eine Teil- Sondierung und Räumung des mit Kampfmitteln kontaminierten Meeresbodens gesorgt. 14 Unterwasser-Arbeitsgebiete wurden in der Folge umfassend sondiert.
Die sogenannte EntsorgungsModuleMunitionsAltlasten (EMMA) – ein Projekt der Rheinmetall Project Solutions GmbH, German Naval Yards und WilNor Governmental Services – sorgt nun mit ihrer Arbeitsgruppe im Windpark BARD Offshore 1 für eine umfassende Sondierung und Räumung des Meeresbodens. Dabei arbeiteten On- und Offshore-Teams Hand in Hand.
Im Sommer 2023 konnte die Rheinmetall Project Solutions GmbH ein zweites Mal im Offshore Windpark BARD 1 aktiv werden, um 20 weitere Bereiche zu untersuchen. Besonders im Fokus stand für das Team um Kai-Uwe Mühlbach, Senior Vice President Programs, die Überprüfung von drei Verdachtsobjekten. Eine britische Grundmine wurde anhand vorangegangener Scans vermutet. Die Bestätigung kann in einem solchen Fall nur durch eine erfolgreiche Sondierung erfolgen. Raue See und ein aufziehender Sturm erschwerten die Arbeiten und verlangten Mensch und Ausrüstung einiges ab. Dann konnte Entwarnung gegeben werden: Die vermuteten Kampfmittel entpuppten sich bei der gründlichen Sondierung als Metallschrott und stellten daher keine Gefahr dar. In den kommenden Jahren werden Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee immer größere Bedeutung gewinnen. Das Projektteam von Rheinmetall ist daher stolz, seinen fachlichen Beitrag zur Gewinnung nachhaltiger Energie leisten zu können.
„Mit unserem Ansatz schützen wir die Unterwasserwelt und ihre Bewohner bestmöglich und beugen künftigen Gefahren vor“, so Dr. Deniz Akitürk, Geschäftsführer der Rheinmetall Project Solutions GmbH. „Die Zeit drängt, denn der Zustand der Munition verschlechtert sich. Auswirkungen auf die Umwelt werden bereits sichtbar.”
Munitionsaltlastentsorgung „EMMA“
Die Zusammenarbeit der Unternehmen WilNor Governmental Services AS und Rheinmetall zielt auf den sicheren Betrieb von Offshore-Windenergie und eine umweltfreundliche Entsorgung von Kampfmitteln auf See ab. Mit innovativer Technologie und einem engagierten Team haben sie es sich zur Aufgabe gemacht, die Meere von gefährlichen Überbleibseln vergangener Konflikte zu befreien. Um künftig jährlich mehrere hundert Tonnen an Kriegsmunition zu vernichten, haben die Projektpartner hierfür eine Plattform entwickelt.
Als Voraussetzung für den Bau der Plattform sollen 2024 noch entsprechende Verträge geschlossen werden, damit diese im Anschluss schnellstmöglich in Betrieb gehen kann. Der Bedarf ist enorm: Fachleute schätzen die Gesamtmenge der in Nord und Ostsee versenkten Munition und Munitionskomponenten auf fast 1,6 Millionen Tonnen.
Der Transport der Kampfmittel auf der Plattform in der ersten Ausbaustufe erfolgt zunächst halbautomatisch, in der Endausbaustufe dann voll automatisiert. Von der Plattform aus erfolgt die Logistik zum Betrieb und zur Versorgung der Bergungsroboter. Eine komplexe Anlage mit Steuer- und Kontrollständen, Versorgungstanks, Sanitäreinrichtungen, Werkstätten, Ruheräumen und Aufenthaltsräumen sind Teil dieser imposanten schwimmenden Anlage.
Da die Basis des Konzepts auf einer marktverfügbaren Nordsee-Barge (27m x 90 m) fußt, können die meisten Komponenten (Sägen, Öfen, Labor) bereits industriell beschafft werden; ein großer und vor allem zeitbringender Vorteil für das Projekt.
Nach der Separierung an Bord werden die Kampfmittel den Brennöfen zugeführt, um im Endausbau ein modulares System aus thermischen Entsorgungsstraßen im durchgehenden Betrieb zu ermöglichen. An 24 Stunden, 7 Tage in der Woche sollen zukünftig dann gefährliche Kriegshinterlassenschaften für immer unschädlich gemacht werden.
Aber es bleibt viel zu tun; denn selbst mit 15 einsatzfähigen Bargen wird die Räumung von Munition am Meeresgrund noch Jahrzehnte andauern.
Ausblick
In den Windparks in Nord- und Ostsee sollen bis 2030 insgesamt 30 Gigawatt an nachhaltigem Strom produziert werden. Bis 2045 sind sogar 70 Gigawatt Leistung geplant. Rheinmetall leistet mit dieser Unterstützungsleistung einen signifikanten Beitrag für die Nachhaltigkeitsziele von EU und der Bundesrepublik Deutschland.
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