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Kein Katzensprung

30. November 2022

Ähnlich wie der „Rosarote Panther“ aus den gleichnamigen Kriminalkomödien von Blake Edwards ist auch der von Studenten der Universität Delft gebaute Rennwagen Forze in Wahrheit ein wertvolles Kleinod: nämlich das aktuell weltweit einzige Brennstoffzellen-Rennfahrzeug im Le-Mans-Stil mit einem von der Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) homologierten Monocoque.

2019 erreichte das Team Forze in der Supercar Challenge Sport Division beim Rennen in Assen einen spektakulären zweiten Platz.

Insgesamt acht Generationen dieser von Elektromotoren angetriebenen Kleinode haben Studierende der Technischen Universität Delft inzwischen auf die Räder gestellt. Dabei erkannten sie schon früh die Notwendigkeit von Brennstoffzellenantrieben, um dem Klimawandel zu begegnen, und sehen darin heute mehr denn je eine gute Möglichkeit, die „kalte Verbrennung“ von Wasserstoff und Luft zum Erzeugen elektrischer Energie einem größeren Publikum nahezubringen. Dazu Teammanager Mark Jan Uijl: „Mit der Entwicklung, der Fertigung und dem Rennbetrieb unserer Brennstoffzellen- Rennwagen können wir das enorme Potenzial dieser Technologie öffentlich demonstrieren

Das Delfter Team kann dabei auf eine ziemlich ansehnliche Historie zurückblicken. Ihr Weg zu den heutigen Erfolgen war allerdings in der Tat kein Katzensprung. Vielmehr haben die Studenten im Laufe der Jahre des Bestehens großes Engagement gezeigt sowie einen langen Atem und gutes Durchhaltevermögen bewiesen. Denn angefangen hatten die Wasserstoffbegeisterten schon 2008 mit dem Start bei den Formular-Zero- Meisterschaften, dem damals ersten Brennstoffzellenrennen, zunächst allerdings nur mit einem Gokart. Daher auch der Name „Forze“, den sich die Gründer schon 2007 gegeben hatten.

Pumpen von Pierburg stellen essenziell wichtigeKomponenten im FORZE dar.

Projekt FORZE IX

Mit dieser neuen Generation des Wasserstoffrennwagens werden die Studierenden aus Delft in der Entwicklungsphase des FORZE IX vor eine große Zahl von Herausforderungen gestellt. So müssen die komplette Hochvoltarchitektur sowie das gesamte Konzept des Renners geändert werden. Das reicht von neuen Motoren bis zum Sicherheitssystem des FORZE IX. Die beindruckenden Daten: 0–100 km/h in drei Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 300 km/h und 240 kW Leistung.

So wird Wasserstoff produziert

Heute setzt Forze Hydrogen Electric Racing mit Erfolg auf eine Rennwagenform, die in der LMP3-Klasse des internationalen Automobilverbands FIA zugelassen ist. Auf der Rennstrecke in Zandvoort hielt der Forze VI so für eineinhalb Jahre den Rundenrekord für Elektrofahrzeuge in der Supercar Challenge. Mittlerweile tritt Forze aber auch gegen konventionell angetriebene Boliden an. Beispielsweise stand das Team in den vergangenen Jahren im Rahmen der holländischen Supercar Challenge bei den Gamma Racing Days in Assen, Niederlande, mehrfach auf dem Siegertreppchen. Mit dem ehemaligen Formel-1-Fahrer und Le-Mans Sieger Jan Lammers am Steuer erzielte der Wagen zudem einen Brennstoffzellen-Rundenrekord auf der Nordschleife des Nürburgrings.

Tanken in drei Minuten

Derartige Erfolge setzen natürlich rennfahrerisches Können voraus. Das Team wird deshalb inzwischen von erfahrenen professionellen Piloten unterstützt, die teilweise noch als Studenten ihre Vorliebe für den Rennsport entdeckt haben und mittlerweile auch anderweitig als Rennfahrer unterwegs sind.

Volle Konzentration ist nötig, um die rosafarbene„Raubkatze“ schnellstmöglich über die Strecke zu jagen.

Angesichts der zahlreichen Verbrennerkonkurrenz müssen zudem auch die Rahmenbedingungen im Rennbetrieb stimmen. So ließe sich der aktuelle Rennwagen mit den für 60 Rennminuten notwendigen sechs Kilogramm Wasserstoff in einem Boxenstopp von nur drei Minuten befüllen. Mehr als 50 Studierende, 25 von ihnen in Vollzeit, arbeiten mittlerweile an dem Forze-Projekt mit.

Zurzeit entsteht mit dem Forze IX ein neuer Rennwagen, der sogar über eine gegenüber seinem Vorgänger verdoppelte Leistung der Brennstoffzelle verfügen wird. Damit wird er im GT3-Segment gegen rennerprobte Konkurrenten wie den Porsche 911 GT3 oder den Lamborghini Huracán GT3 antreten. Ein weiteres Ziel der engagierten Gruppe nennt Jasper van Dongen, der als Chief Engineer für den Technikpart der Renner verantwortlich zeichnet: „Wir sind aktuell mitten in der Entwicklung des Forze IX und können jetzt schon Felder ausmachen, die in den kommenden Jahren rapide Technologiefortschritte erwarten lassen. Das könnte es dem Forze-Team ermöglichen, sogar noch über die GT3-Klasse hinauszugehen und in Zukunft beispielsweise auch bei den 24 Stunden von Le Mans dabei zu sein.“

Rasante Motorsportaction und nachhaltiger Antrieb – das geht nicht? Doch, denn der FORZE VIII beweist das Gegenteil.

Unterstützung erhält der junge Rennstall gleich von mehreren Sponsoren. Teilweise reicht es dabei schon, dringend benötigte, jedoch hochpreisige Komponenten zur Verfügung zu stellen, so wie es Pierburg mit seinen elektrischen Pumpen macht. Van Dongen: „Wir haben mittlerweile eine sehr lange währende Partnerschaft mit Pierburg, die mit elektrischen Ölpumpen begann und mittlerweile auch elektrische Kühlmittelpumpen umfasst, die wir in unserem aktuellen Forze verbauen. Mittlerweile wird vom Kühlkreislauf der Brennstoffzelle über die Elektromotoren, die Leistungselektronik und den Akku bis hin zum Getriebe jegliche Kühl- und Schmierflüssigkeit des Rennwagens mit Pierburg-Pumpen bewegt.“

Als jüngste Unterstützung für die angehenden Ingenieure wurde Anfang des Jahres eine 950-Watt-Pumpe an das Team übergeben. Thomas Wienecke, Direktor Produktentwicklung elektrische Pumpen bei Pierburg, kommentiert das Engagement des Herstellers für die Studentengruppe: „Mein Eindruck ist, dass das Team von Forze mit seiner professionellen Aufstellung richtig voranzieht, und das gefällt mir besonders gut. Hinzu kommt, dass die jungen Entwickler von dem, was sie tun, enorm begeistert sind. Das steckt an.“

Mit dem „Rosaroten Panther“ verbindet das Rennfahrzeug bis auf den sprunghaften Antritt nur sein pinker Farbanstrich.

Aber das ist womöglich noch nicht das Ende der Zusammenarbeit mit dem Delfter Team. Die Entwickler des rosaroten Renners haben schon zusätzliches Interesse an anderen Brennstoffzellenkomponenten aus dem Hause Pierburg bekundet. Dazu zählen beispielsweise eine Hochvoltpumpe, ein Rezirkulationsgebläse für Wasserstoff und eine Kathodenklappe. Bleibt abzuwarten, ob all diese Dinge auch demnächst über die Rennstrecke flitzen werden.

(Artikel ursprünglich vom 5. April 2021)

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