Stärkung der Rüstungsindustrie
28. August 2025
10. November 2025 - von Jan-Phillipp Weisswange
Sie kreisen über Flughäfen, spähen Militärstützpunkte aus und bedrohen kritische Infrastrukturen. In ganz Europa mehren sich Sichtungen verdächtiger Drohnen. Die Luftverteidigung vieler Staaten gerät dabei an ihre Grenzen. In Deutschland liegt das Problem weniger in der Technik als in der unklaren Rechtslage.

Mobile Flugabwehr
Der Skyranger ist ein hochmobiles hybrides Flugabwehrsystem gegen moderne Bedrohungen aus der Luft. Dank seiner Airburst-Munition (AHEAD-Technologie mit programmierbarem Luftsprengpunkt) ist das System besonders wirkungsvoll gegen kleine unbemannte Ziele wie Drohnen. Während die Kanone auf kurze Distanzen Vorteile bringt, kann mit dem integrierten Lenkflugkörper die Reichweite vergrößert werden. Als vernetztes und mobiles System ist eine Skyranger-Batterie auch problemlos in der Lage, einen Drohnenschwarm zu bekämpfen und so einen Sättigungseffekt bei einer großen Anzahl von Drohnen zu vermeiden. Mit Skynex bietet Rheinmetall eine stationäre Variante des Systems an.
„Wir sind nicht im Krieg, aber wir sind auch nicht mehr im Frieden.“ Mit diesen Worten umreißt Bundeskanzler Friedrich Merz die Sicherheitslage, in der sich Deutschland und Europa befinden. Wer hinten den unbemannten Drohnenangriffen steckt, lässt sich nur schwer ermitteln. Vieles deutet auf Russland, welches sie als ein Mittel der hybriden Kriegführung einsetzen könnte. Unumstritten ist jedoch, wie unzureichend der europäische Himmel nach wie vor gegen Bedrohungen wie diese geschützt ist. In Deutschland kommt ein weiterer Aspekt erschwerend hinzu. Auf die unsichtbaren Fronten im hybriden Krieg sind Politik, Streit- und Sicherheitskräfte, Gesellschaft und Justiz kaum vorbereitet. Je nachdem, um was für eine Drohne es sich handelt und welchen Luftraum sie verletzt, ist die Bundeswehr, die Landes- oder die Bundespolizei zuständig. Auch darf das Militär erst im Spannungs- oder Verteidigungsfall bewaffnet im Landesinneren agieren, nicht aber in Friedenszeiten. Bis dato hat eine entsprechende Gesetzesänderung im Parlament noch keine Mehrheit gefunden.
Gemeinsamer Drohnenwall
Auf die neue Qualität der hybriden Kriegsführung haben EU und NATO nun mit einem ambitionierten Vorhaben reagiert: Ein sogenannter Drohnenwall soll die Ostflanke Europas vor besatzungslosen Flugkörpern schützen. Nach Plänen der EU werde das mehrstufige Abwehrsystem aus Sensoren, Störsendern und Hightech-Kanonen bis 2027 vollständig einsatzbereit sein. Die militärische Leitung und Koordinierung obliegen der NATO, während sie selbst die politische und finanzielle Unterstützung leisten will.
Digitale Vernetzung steigert Effizienz
Damit stehen interoperable, hochmobile Systeme im Fokus, die sich flexibel dort einsetzen lassen, wo sie gebraucht werden. Oliver Dürr, Leiter der Division Electronic Solutions und Geschäftsführer der Rheinmetall Air Defence, erklärt: „Eine wirkungsvolle Drohnenabwehr bedingt eine umfassende Vernetzung aller Sensoren, Effektoren und beteiligten Einheiten. Nur so lassen sich Bedrohungen frühzeitig erkennen und bewerten, Befehlswege beschleunigen und Angriffe mit angemessener Intensität bekämpfen.“ Denn der sprichwörtliche Schuss mit Kanonen auf Spatzen kann im zivilen Umfeld mit höheren Risiken verbunden sein, als sie durch die Drohne selbst entstehen. Die Kunst liegt in der Verhältnismäßigkeit – und in der Geschwindigkeit der Reaktion. „Als Systemanbieter und einer der weltweit führenden Hersteller von Flugabwehrsystemen für den Nah- und Nächstbereich verfügen wir über umfassende Expertise in der Entwicklung entsprechender Lösungen.“



Vielschichtige Flugabwehr
Drohnen sind leicht zu bekämpfen, da sie oft langsam und sehr niedrig fliegen. Dennoch gebe es keine allumfassende Abwehrtechnik, sagt Dürr. „Dafür sind sie zu unterschiedlich.“ Die Herausforderung liegt in der Erkennung kleiner Mini- und Mikrodrohnen sowie in der Abwehr von Schwarmangriffen. Wer in der Luftverteidigung erfolgreich sein will, muss laut Dürr mehrere Gegenmaßnahmen kombinieren. Das Arsenal reicht von elektronischen Störmaßnahmen (sogenannte Jammer) und Mikrowellen, über Jagd- und Rammdrohnen bis hin zu Rohrwaffen und Hochenergielasern. Auch moderne Lenkwaffen eignen sich, um die unbemannten Flugsysteme außer Gefecht zu setzen. Allerdings sind sie weitaus kostenintensiver als konventionelle Methoden.
Schutz ziviler Infrastrukturen
Im zivilen Bereich sind Störsender eine weit verbreitete Abwehrtechnik. Sie unterbrechen die Kommunikation zwischen der Drohne und ihrem Piloten. Die Fluggeräte lassen sich so entweder zur Landung zwingen oder „übernehmen“ – oder sie stürzen ab. Als schnell greifende Maßnahme haben manche Staaten ihr Militär zusätzlich mit speziellen Feuerleitvisieren für Handwaffen ausgestattet, um Drohnen durch gezielte Schüsse vom Himmel holen zu können. Andere Streitkräfte nutzen Schrotflinten, um die Flugobjekte aus kurzer Distanz abschießen zu können. Schrot verliert schnell an Geschwindigkeit und Energie. Das macht die Flinten für Einsätze im urbanen Umfeld weniger gefährlich als Schusswaffen mit Vollmantelprojektilen. Einige Munitionshersteller reagierten bereits und entwickelten eigene Drohnenabwehr-Laborierungen.
Kanonen gegen Schwärme
Und im klassischen militärischen Sektor? Hier überzeugen kanonenbasierte Flugabwehrsysteme wie der Skyranger von Rheinmetall – nicht nur hinsichtlich ihrer Effizienz und Zuverlässigkeit, sondern auch bezogen auf ihren Kosten-Nutzen. „Um die oft sehr günstigen Drohnen im Nahbereich wirtschaftlich zu bekämpfen, sind moderne Maschinenkanonen stark gefragt“, sagt Oliver Dürr. Noch in diesem Jahr soll die Ukraine den Skyranger mit der mittelkalibrigeren 35mm-Kanone erhalten. Weitere Skyranger 30-Systeme werden ab Mitte 2026 an verschiedene NATO- und EU-Staaten ausgeliefert. Darunter befindet sich auch die Bundeswehr, die 18 Serienfahrzeuge des Flugabwehrkanonenpanzers auf dem Fahrzeug Boxer geordert hat und seit Januar 2025 einen Prototypen erprobt. Die Beschaffung der neuen Defensivwaffe ist Teil der „European Sky Shield Initiative“. Außer Deutschland beteiligen sich weitere 23 europäische Staaten an dem Programm für eine flächendeckende Flugabwehr in Europa.
Wenn aus Fiktion Realität wird
„Neben elektronischen, Drohnen- und kanonenbasierten Abwehrtechniken werden zukünftig Laserwaffensysteme deutlich an Bedeutung gewinnen“, ist sich Alexander Graf, Leiter Programmmanagement Strahlenwaffen und Forschung & Technologie bei der Rheinmetall Waffe Munition in Unterlüß sicher. „So hat die deutsche Marine bereits Technologien erprobt, wie wir sie bislang nur aus Science-Fiction-Filmen kennen.“ Rheinmetall ist mit an Bord. Der Konzern investiert umfassend in die Entwicklung moderner Laserwaffensysteme und arbeitet gemeinsam mit europäischen Partnern an praxistauglichen Lösungen für den Einsatz bei Land- und Seestreitkräften.

„Systeme mit Leistungen von rund 30 Kilowatt und mehr gelten zukünftig als taktisch einsatzfähig – insbesondere zur Drohnenabwehr“, berichtet Graf. Gegenüber konventionellen Waffen bieten sie entscheidende Vorteile. Sie benötigen ausschließlich elektrische Energie. Steht ausreichend Strom zur Verfügung, feuern sie ihren Photonenstrahl nahezu unbegrenzt in Lichtgeschwindigkeit ab. Selbst kleine und agile Ziele wie die Sensoren von Drohnen trifft die Technik sicher und präzise aus bis zu mehreren Kilometern Entfernung. Da Laserwaffen keine physische Munition nutzen, fallen etwaige Kollateralschäden bei Einsätzen in urbanen Geländen äußerst gering aus. Auch die Kosten bleiben überschaubar: Sie liegen nur bei rund 1,50 Euro pro Schuss.
In der Abwehr von Drohnen kann Europa viel von den Erfahrungen der Ukraine lernen. Täglich zeigt sich dort, wie eine effektive Verteidigung heutzutage funktioniert: flexibel, mit modularer Technik und gestaffelten Systemen. Die Industrie hält entsprechende Lösungen bereit. Nun liegt es an der Politik.
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