TechnologieInnovationZeitsprung

Vom Kopf in die Maschine

11. Oktober 2024

1927 präsentiert Rheinmetall auf der Leipziger Frühjahrsmesse erstmals eine Rechenmaschine mit elektrischem Antrieb. Was als Kompensation für die stark eingeschränkte Rüstungsproduktion nach dem Ersten Weltkrieg startet, entwickelt sich während der Weimarer Republik zu einem international gefragten Produktportfolio. Ein Ausflug in die frühe Mechanisierung der Büroarbeit.

Schreibmaschinen statt Munition

Das Jahr 1918 ist geprägt von Stillstand und Massenentlassungen. Die mit dem Friedensvertrag von Versailles verbundenen Restriktionen erfordern vom Rüstungskonzern Rheinmetall unternehmerischen Innovationsgeist. Während der Konzern seine Produktion im Rheinland auf Lokomotiven, Eisenbahnwaggons, Landmaschinen und Dampfpflüge umstellt, spezialisiert sich das Werk im thüringischen Sömmerda ab 1919 auf feinmechanische Geräte wie Schreib- und Rechenmaschinen.

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Exemplare fertigt Rheinmetall bis 1925 von seiner ersten Schreibmaschine „Modell 8“. Sowohl die erste Maschinenkonstruktion als auch spätere Modelle warten mit technischen Weltneuheiten auf. Beispielsweise ermöglicht die ab 1926 produzierte „Rheinmetall Duo“ dank ihrer doppelten Umschaltung die Verwendung verschiedener Schriftarten, sogar fremdländischer Schriftzeichen.

Neben dem bereits seit 1895 eingetragenen Warenzeichen „Viereck im Kreis“ lässt das Unternehmen 1919 das Wortzeichen „Rheinmetall“ beim Reichspatentamt schützen. Der auffällige Schriftzug ziert fortan als Marke prominent die Schreib- und Rechenmaschinen der Rheinischen Metallwaaren- und Maschinenfabrik.

Vorläufer des Taschenrechners

Die Konstrukteure in Sömmerda tüfteln bald schon an unterschiedlichsten Rechenmaschinen. Zunächst mechanisch betrieben mit Staffelwalze und Kurbel, ab 1927 mit elektrischem Antrieb. Beherrschen die frühen Modelle neben Addition und Subtraktion lediglich automatische Divisionen, erleichtern die „Superautomaten“ ab 1930 auch mit automatischen Multiplikationen die Büroarbeit. Sei es bei der „Prozent-, Zins- und Zinseszinsrechnung; Tilgungsaufgaben; Quadratwurzelziehen; Kubizieren; Währungs- und Durchschnittsrechnung oder der Akkordberechnung“, wie es in einer Werbeschrift aus dem Jahr 1930 heißt.

Den vorläufigen Höhepunkt vor 1945 markiert eine Fakturiermaschine, die Rheinmetall 1932 auf den Markt bringt: eine „außergewöhnliche, international anerkannte und konkurrenzlose Konstruktion“ aus Schreib- und Rechenmaschine.

Exemplum deutscher Geschichte

Im Nationalsozialismus setzt eine massive Aufrüstung ein. Während die mittlerweile mit Borsig fusionierte Rheinmetall AG in ihrem Düsseldorfer Stammwerk die zivile Fertigung einstellt, bleibt die Büromaschinenproduktion in Sömmerda bis weit in die Kriegsjahre hinein ein wesentlicher Fertigungszweig. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs steht das thüringische Werk zunächst unter sowjetischer Militäradministration, bis es 1952 an die DDR übergeht und sich als VEB Büromaschinenwerk Robotron Sömmerda zum größten Büromaschinen- und Computerhersteller des Landes entwickelt. Nach Mauerfall und deutscher Wiedervereinigung lehnt Rheinmetall den Rückkauf seines ehemaligen, mittlerweile in Konkurs gegangenen Werks ab.

Für die Vermarktung der in Sömmerda produzierten Schreib- und Rechenmaschinen zeichnet die 1920 in Berlin gegründete Rheinmetall Handelsgesellschaft mbH verantwortlich. Mit dem „Rheinmetall-Haus“, wie das frühere Hotelgebäude an der Ecke Friedrichsstraße, Karlsstraße schon bald bezeichnet wird, ist der Konzern erstmals mit einer eigenen Niederlassung in der Reichshauptstadt vertreten.

„Man hat eine Unsumme von geistiger und technischer Arbeit aufgewandt, um die Elektrizität auch bei der Büromaschine als zuverlässige und die menschliche Tätigkeit unterstützende Hilfskraft einzuführen.“

E. Geiling, Büromaschineningenieur im Werk Sömmerda der Rheinmetall-Borsig AG 1937

Experten der Feinmechanik


1929 bringt Rheinmetall mit „Modell 9“ eine Weiterentwicklung seiner ersten Schreibmaschine auf den Markt.
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