Im GesprächMeinung

Verantwortung für die großen Themen unserer Zeit

2. Dezember 2022

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine – eine Zeitenwende, auch für die Verteidigungsindustrie. Armin Papperger steht seit 2013 an der Spitze der Rheinmetall AG. Im Interview spricht er über den Imagewandel, Wehrhaftigkeit und Nachhaltigkeit – und wie man dies alles im Konzern vereinen kann.

„Wasserstoff-basierte Antriebe werden für die Zukunft der Mobilität eine große Rolle spielen.“ (Fotos: Henning Ross)

Herr Papperger, der Bundeskanzler hat am 27. Februar, einem Sonntag, im Deutschen Bundestag die Zeitenwende verkündet. Wie haben Sie den Tag erlebt?

Ich war zuhause, und zwar vor dem Fernseher. Ich war sehr gespannt, was kommt, aber mir war im Kern bekannt, was er sagen würde. Und daher haben wir uns bei Rheinmetall auch schon rechtzeitig vorbereitet und konnten kurz danach die sogenannte Potenzialliste vorlegen. Sie zeigt auf, was wir kurzfristig liefern können – für die Bundeswehr wie auch zur Unterstützung der Ukraine.

Waren Sie überrascht von der russischen Invasion in die Ukraine?

Eigentlich nicht. Man konnte sich vorstellen, wenn jemand über 150.000 Soldaten an die Grenze schiebt, dann hat er ein Ziel. Und als der Aufmarsch abgeschlossen war, gab es im Grunde kein Zurück für Putin. Für mich war es daher eigentlich klar, dass der Angriff erfolgen würde. Dass dies aus mehreren Richtungen gleichzeitig erfolgen würde, habe ich aber auch nicht vorhergesehen.

Der Ukraine-Krieg ist nicht nur ein regionaler Konflikt. Erleben wir letztlich auch einen russischen Angriff auf die westliche Werteordnung?

Ja, den Eindruck habe ich. Wir sehen, dass Russland die regelbasierte Weltordnung nicht mitträgt. Und das ist auf längere Sicht auch das größte Problem: Auch wenn Putin eines Tages weg ist, wird wohl nicht damit zu rechnen sein, dass in Russland eine andere Regierungsform folgt, mit der wir wieder partnerschaftlich agieren könnten.

Kommen wir zu Rheinmetall und der Verteidigungsbranche. Was denken Sie, erlebt die Branche einen Imagewandel nach der Zeitenwende?

Ja, ich glaube, dass ein Imagewandel stattfindet, aber ich weiß nicht, wie nachhaltig er ist. In Deutschland gibt es traditionell einen stark ausgeprägten Pazifismus. Es gibt jetzt schon klare Anzeichen von „Kriegsmüdigkeit“ in Deutschland, obwohl wir ja nur indirekt betroffen sind. Ich fürchte daher, dass die Anteilnahme und die Solidarität mit der Ukraine rasch nachlassen werden, und damit womöglich auch das Streben nach eigener Sicherheitsvorsorge. Das wäre fatal.

Wie steht es mit der angestrebten Wehrhaftigkeit Deutschlands? Dazu sind ja bei der Bundeswehr viele Lücken zu schließen, strukturell wie materiell …

Ich glaube, dass die Politik die Ertüchtigung der Bundeswehr will. Dies wird ein Prozess sein, der sich über mindestens fünf oder sechs Jahre erstrecken wird. Das 100-Milliarden-Euro-Paket ist eine große Chance für die Bundeswehr, es darf aber kein Strohfeuer bleiben. Noch wichtiger ist es, dass wir auch langfristig das 2-Prozent Ziel der NATO einhalten …

… wonach die Mitgliedsstaaten mindestens zwei Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung aufwenden wollen …

Ja. Denn wenn wir diese Vorgabe nicht erfüllen, dann bestellt man jetzt Gerät für die Streitkräfte, das später mangels Geld wahrscheinlich noch nicht mal gewartet werden kann.

Was ist die Verantwortung von Rheinmetall in diesen Zeiten?

Wir sind das größte Sicherheitsunternehmen in Deutschland, mit einem Produktportfolio von rund 1.600 Produkten. Wir sind ein essentieller Teil der Sicherheits-architektur der Bundesrepublik – und das gilt für die gesamte wehrtechnische Industrie. Ohne diese Industrie würde Deutschland auch politischen Einfluss verlieren, in Europa und darüber hinaus.

Nochmal zur Politik. Denken Sie, dass Deutschland genug dafür tut, die Ukraine zu unterstützen?

Die Ukraine braucht sehr viel Unterstützung – auf allen Ebenen, auch später beim Wiederaufbau. Ob wir mittlerweile an der Grenze dessen sind, was leistbar ist, kann ich nicht beurteilen. Das muss die Politik entscheiden, und dafür braucht es einen breiten Konsens, auch gesellschaftlich.

Unsere europäischen Nachbarn erwarten von Deutschland eine Führungsrolle. Was denken Sie – sieht man Deutschland als zuverlässigen Partner, insbesondere in Ost- und Mitteleuropa?

Einige der Staatschefs dort kenne ich ganz gut, denn wir sind in den Märkten sehr präsent. Man schaut auf Deutschland und will uns durchaus in der Rolle einer Führungsnation sehen. Das verlangt aber, dass wir schnell und effizient Entscheidungen treffen. Vielleicht haben wir in Deutschland hier noch ein bisschen Nachholbedarf.

Gesprächsrunde in der Rheinmetall-Zentrale in Düsseldorf: Oliver Hoffmann, Chefredakteur DIMENSIONS, Dr. Philipp von Brandenstein, Leiter Unternehmenskommunikation, und Rheinmetall-Vorstandschef Armin Papperger (v. l.). (Foto: Henning Ross)

Welche taktisch-technologischen Lehren ziehen Sie aus dem Krieg in der Ukraine? Die Russen haben ja zahlloses Gerät verloren, auch eine vierstellige Anzahl von Panzern. Hat der Kampfpanzer eine Zukunft?

Ja, ganz sicher. Sonst hätten wir nicht vor kurzem unseren neuen Kampfpanzer Panther KF51 präsentiert, der übrigens weit über Fachkreise hinaus enorme Aufmerksamkeit ausgelöst und viel Anerkennung bekommen hat. Der Panther hat alles, was es heute braucht, bis hin zur stärkeren Waffe. Die russischen Kampfpanzer wie der T72 sind quasi wehrlos gegen Panzerabwehrlenkwaffen. Hierzu braucht es einen Aktivschutz, wie ihn Rheinmetall entwickelt hat. Der Panther hat auch einen Schutz gegen Drohnen, das Top-Attack-Protection-System. Mit einem solchen Schutzpaket hat der Kampfpanzer eine Zukunft – und dass man ihn aus militärtaktischer Sicht braucht, sehen wir in der Ukraine sehr deutlich.  

Für die Medien, Herr Papperger, sind Sie jetzt Deutschlands führender Militärausrüster. Sie bekommen auch verstärkt politische Aufmerksamkeit. Wie gehen Sie mit dieser neuen Rolle um?

Ich hätte lieber Frieden und würde persönlich auf diese Rolle gerne verzichten. Für Rheinmetall ist es so, dass wir diese gesellschaftliche Verantwortung jetzt zu übernehmen haben. Unsere Kernaufgabe ist es, die Bundeswehr und die NATO-Partnerländer angemessen auszurüsten. Diese Rolle nehmen wir gerne an und tun alles dafür, sie auch vernünftig ausführen zu können.

Mittlerweile entfallen über 90 Prozent des Gesamtanteils Ihrer Auslieferungen auf NATO-Staaten und befreundete Nationen. Doch über einige Abnehmerländer gibt es immer wieder Diskussionen. Wie blicken Sie auf Bestrebungen in der Regierungskoalition, die Regularien für Rüstungsexporte aus Deutschland heraus zu verschärfen?

Unsere Partnerstaaten werden wir sicher auch künftig problemlos beliefern können, also vor allem innerhalb der NATO und der EU. Darüber hinaus wäre es hilfreich, eine Positiv-Liste derjenigen Länder zu haben, die für uns ebenfalls erreichbar sind – dann hätten wir eine klare Handlungsgrundlage. Ich sehe aber ein grundsätzliches Problem: Wenn jedes Land seine eigenen Regeln macht, werden wir dadurch in Europa nicht zusammenwachsen und wir erschweren die industrielle Kooperation erheblich. Daher plädiere ich für einheitliche europäische Bestimmungen für Rüstungsexporte. So wie es heute ist, entstehen der deutschen Industrie große Nachteile. Unsere ausländischen Wettbewerber stellen es heute teils schon als positives Attribut heraus, wenn Kooperationsprodukte „German free“ sind – also dank fehlender deutscher Beteiligung international problemlos zu vermarkten. Das darf so nicht bleiben.

Sollte man aus Deutschland heraus nur noch an Demokratien liefern?

Das ist eine politische Entscheidung. Militärische Kooperationen sind außenpolitische Instrumente, Rüstungsprojekte gehören dazu. In den arabischen Ländern sagt Deutschland nun: „Bitte gebt uns ganz viel von Eurem Gas.“ Die Antwort lautet dann: „Andere Staaten waren schon vor Euch da. Die helfen uns aber im Gegensatz zu Euch in vielen anderen Bereichen auch, zum Beispiel im Bereich der Sicherheit. Also müsst Ihr Euch hinten anstellen.“ Auch das gilt es zu bedenken.

Ein Land, das Sie im militärischen Bereich nicht beliefern dürfen, ist China. Aber Ihr ziviler Bereich, mit dem Sie Kunden vor allem in der Automobilindustrie beliefern, ist in China mit zehn Standorten präsent. Welches Potenzial oder welche Risiken sehen Sie dort für Rheinmetall?

Ich sehe durchaus gewisse Risiken für unseren zivilen Bereich, nämlich wenn die chinesische Regierung noch mehr die nationale Karte spielt. Denn in den meisten unserer Firmen – es sind 50/50-Joint-Ventures – haben wir den chinesischen Staat an Bord. Im Vorstand schauen wir uns die Sachlage genau an und treffen dann unsere Entscheidungen.

Kommen wir nochmal zum Begriff der Zeitenwende. Das ist ja zunächst ein politischer Begriff, doch auch Ihr Unternehmen muss sich an einen dramatisch geänderten Kontext anpassen. Ist Rheinmetall jetzt auch einer Zeitenwende ausgesetzt?

Ja, denn wir befinden uns auf einem Kurs, der uns erhebliches Wachstum beschert – uns aber auch massiv fordert. Es gilt, den Bedarf unserer Kunden zu decken. Dazu müssen wir die Kapazitäten deutlich erhöhen. Wir fahren die Werke hoch, führen Zwei- und Drei-Schicht-Arbeit ein. Und wir steigern die Investitionen weiter – wobei wir bislang schon viel investiert haben. So haben wir beispielsweise die Werke in Ungarn, in Australien und in Großbritannien neu hinzubekommen. Wir denken auch darüber nach, uns durch Akquisitionen weitere Kapazitäten zu erschließen.

Gibt es schon erste Aufträge nach der Verkündung der sogenannten Zeitenwende?

Ja. Der erste größere Abschluss war ein Auftrag von fast 300 Millionen Euro im Bereich persönlicher Schutz der Infanteristen. Nun steht das zweite Los des Schützenpanzers Puma für die Bundeswehr bevor, inclusive Nachrüstmaßnahmen an bestehenden Fahrzeugen. Es wird auch Entscheidungen über ein neues 6×6-Fahrzeug sowie ein Luftlandefahrzeug geben. Zudem gibt es Entscheidungen über Munition, wo wir die ersten Aufträge auch schon bekommen haben. Und auch im Bereich der Digitalisierung versprechen wir uns einen signifikanten Anteil. Eine Reihe von Entscheidungen im Wert von einigen Milliarden Euro steht also bevor.

Von der Bestellung eines Panzers bis zur Auslieferung vergehen zwei Jahre. Warum geht es nicht schneller?

Das größte Problem ist derzeit die Materialzulieferung. Wenn Sie heute Panzerstahl bestellen, zum Beispiel für Panzerrohre, dann dauert es teilweise acht bis zwölf Monate. Dann braucht es die Kette, die Kanone und die Elektronik. Bei elektronischen Bauteilen haben wir manchmal 24 Monate Lieferzeit. Bis der Panzer fertig ist und dann qualifiziert ist, sind eineinhalb bis zwei Jahre rum. Die Montage des Panzers hingegen geht relativ schnell.

Ihr wehrtechnisches Geschäft wird einen immer größeren Anteil am Konzernumsatz haben. Mit welcher strategischen Aufstellung begegnen Sie diesem Trend?

Unser Hauptgeschäft wird in den nächsten Jahren sicherlich im militärischen Bereich liegen, weil dieser Markt extrem wächst. Ich gehe heute davon aus, dass im Jahr 2025 rund 80 Prozent unseres Geschäfts militärisch sein werden.

Aber was für mich dabei ganz wichtig ist: Rheinmetall ist ein Technologie-Haus und soll es auch in Zukunft bleiben. Wir wollen kein reines Defence-Haus sein. Wir haben tolle neue Technologien, auch über Defence hinaus – zum Beispiel die Wasserstofftechnologie. Es gibt vielversprechende Ansätze im Bereich „Warm Home“, also für Heizsysteme. Wir haben neue Sensortechnologien, auch für den zivilen Bereich, und wir konzipieren einen Elektromotor für neue militärische Hybridfahrzeuge. Mein Ziel ist es, dass unsere fünf Divisionen so interagieren, dass es fast gar nicht mehr zu spüren ist, ob es ein ziviles oder ein militärisches Geschäft ist. Und insofern denken wir auch darüber nach, ob wir zivile Fertigungsanlagen künftig teilweise auch für die Herstellung von militärischen Komponenten nutzen können. Das ist aber nicht trivial, weil es im militärischen Zusammenhang meist besonders strenge Sicherheitsanforderungen gibt.

Den Wandel zum Technologie-Haus haben Sie ja bereits vor über zwei Jahren eingeläutet. Welche konkreten Erfolge sind heute aus der engen Zusammenarbeit der Bereiche zu sehen, die früher als Automotive und Defence getrennte Entwicklung betrieben haben?

Wir sind schon sehr weit, es gibt eine Vielzahl von Beispielen. Wir haben Lösungen im Bereich des autonomen Fahrens und für teleoperiertes Fahren. Wir haben Leistungselektroniken, die wir zivil im Silicon Valley in den USA entwickeln und die militärisch angewendet werden können. Wie gesagt entwickeln wir im zivilen Bereich sehr leistungsstarke Elektromotoren für militärische Anwendungen. Mit unterschiedlichen Kooperationspartnern entwickeln wir zudem Sensoren, die den Zustand des Menschen erfassen, also seine Fitness zum Beispiel am Steuer eines Fahrzeugs – zivil wie militärisch. Diese Art von Cross-Linking verfolgen wir auch bei Klimakompressoren oder bei mobilen Brennstoffzellensystemen, in der Digitalisierung oder bei der Abwehr von Cyber-Bedrohungen im Internet.

In Ungarn werden wir ein Werk für Leistungskondensatoren bauen, die technologisch einzigartig sind. Diese Komponenten braucht man überall, wo sich zwischen einer Batterie und einem Motor ein Energiespeicher befinden muss. Wir haben das Patent für Europa und werden diese High-Tech-Komponenten gemeinsam mit unserem amerikanischen Partner flächendeckend in Europa einführen, perspektivisch sogar auch in Asien. Auch dies ist ein Beispiel, wo wir Technologie-Führerschaft anstreben – für militärische wie zivile Anwendungen.

Die Wasserstofftechnologie ist eines der Zukunftsthemen schlechthin. Wie sieht Rheinmetalls Strategie in diesem Bereich aus?

Ich bin überzeugt davon, dass ein Megatrend in Richtung Wasserstoff als klimaneutraler Energieträger geht. Wir haben vor vier Jahren begonnen, konkret im Bereich Wasserstoff zu forschen. Ich glaube, dass Wasserstoff-basierte Antriebe für Mobilität eine Rolle spielen werden, hier vor allem bei LKW. Wir haben verstanden, dass für die Etablierung einer weltweiten Wasserstoffwirtschaft die Verfügbarkeit von großen Mengen möglichst günstig hergestelltem, grünem Wasserstoff die größte Herausforderung ist. Diese muss zuerst gelöst werden. Exakt darauf zielt unser Projekt E²NGEL ab, in dem wir Elektroden für die alkalische Elektrolyse entwickeln, die edelmetallfrei und besonders leistungsfähig sind und so die Herstellungskosten von grünem Wasserstoff senken.

Ob mit Solarkollektoren, per Wind- oder Wasserkraft: Mit regenerativen Energien werden wir in der Lage sein, grünen Wasserstoff zu produzieren. In Südafrika haben wir jetzt eine schlüsselfertige und mobile Modullösung vorgestellt, die zur Erzeugung, Speicherung und zum Transport von CO-frei erzeugtem Wasserstoff dient. Wir stellen also vier Container auf und können 30 bis 40 Haushalte dauerhaft mit Strom versorgen – klimaneutral und prinzipiell an jedem Ort. Das kann natürlich auch bei militärischen Einsätzen von hohem Wert sein.

„Wir investieren jetzt jedes Jahr zweistellige Millionenbeträge für den Bereich der Nachhaltigkeit.“ (Foto: Henning Ross)

Sie bieten also bereits die komplette Systemlösung an?

Ja. Aber wir sind mit unserer Technologie auch bei den diversen Komponenten präsent. Im geförderten Projekt LORICA zum Beispiel arbeiten wir an einem neuartigen Drucktanksystem für Wasserstoff, welches für die Speicherung von Wasserstoff in Schiffen, LKWs, Bussen, Zügen und PKWs verwendet werden kann. Auch für den Wasserstofftransport und -umschlag wird es einen entscheidenden Technologiebeitrag leisten.

Im Bereich der Brennstoffzellensysteme kooperieren wir mit namhaften Partnern, zum Beispiel Ballard und Cellcentric, um durch Komponenten wie unserem Wasserstoffrezirkulationsgebläse Brennstoffzellensysteme leistungsfähiger, preiswerter und langlebiger machen zu können.

Als einer der größten Pumpenhersteller sind wir prädestiniert, im Wasserstoffbereich eine große Rolle zu spielen: Unsere elektrischen Kühlmittelpumpen können schon heute in Brennstoffzellensystemen verwendet werden. Wir sind zudem einer der größten Ventilhersteller – das hilft, Produkte anbieten zu können, die für den sicheren Betrieb von Brennstoffzellensystemen absolut erforderlich sind.

Und beim Thermomanagement, wie es die Brennstoffzelle benötigt, sind wir ebenfalls Spezialisten. Sie sehen, wir sind hier mit viel Engagement dabei – und aussichtsreich positioniert. Ich verspreche mir wirklich sehr viel davon.

Die zivile Nutzung von Technologie spielt also weiterhin eine Rolle für Sie?

Absolut. Ich mag Technologie, und ich mag unsere Leute. Ich möchte, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vernünftige Jobs haben, die so sicher wie möglich sind. Also muss man sich mit den Megatrends beschäftigen. Für mich ist letztlich nicht entscheidend, ob es ein militärisches oder ein ziviles Geschäft ist. Dass wir momentan so einen Boom bei der Verteidigung haben, hilft uns allen – sei es auf der zivilen oder der militärischen Seite.

Sie rechnen im Militär-Geschäft mit einem jährlichen Wachstum von deutlich über zehn Prozent. Wie wollen Sie dieses Wachstum und die dadurch steigende Produktion mit den Nachhaltigkeitszielen Rheinmetalls verbinden? Sie wollen ja bis 2035 CO2-neutral werden …

Dafür tun wir schon eine ganze Menge. Wir investieren jetzt jedes Jahr zweistellige Millionenträge für den Bereich der Nachhaltigkeit. Priorität eins innerhalb der Rheinmetall-Gruppe ist ganz klar die CO2-Reduktion. Wir werden nicht komplett CO2-frei sein können, aber wir werden dann entsprechend kompensieren können. Also wie machen wir das? In Südafrika bauen wir ein großes Solarfeld, wo wir grünen Strom erzeugen und ihn auch für andere Abnehmer zur Verfügung stellen wollen.

Der Strom in dem Land wird heute überwiegend aus Kohle gewonnen …

Ja, da besteht in der Tat dringender Handlungsbedarf. Aber dort lässt sich auch viel bewirken. Zudem setzen wir in Südafrika auf die Wasserstofftechnologie. Mit überschüssigem Strom wollen wir dann grünen Wasserstoff produzieren, sodass unsere fünf Werke in Südafrika quasi CO2-frei sein werden. Wir satteln also vom Energieträger Kohle um auf Wasserstoff und Solarstrom. Und Südafrika ist nur ein Beispiel, das stellvertretend für viele Maßnahmen steht.

Schauen wir nach Deutschland: Am Standort in Unterlüß in der Südheide ist aktuell eine große Baugrube ausgehoben … Dort bauen Sie auch für eine CO2-freie Zukunft?

Ja, dort entsteht unser Holzhackschnitzel-Kraftwerk. Unterlüß ist unser größter Standort in Deutschland, mit über 2.000 Beschäftigten. Wir besitzen dort ein 54 km2 großes Areal, das überwiegend aus Wald besteht. Das Wipfelholz und Astholz, das normalerweise verrotten würde, arbeiten wir künftig zu Holzhackchips um. Mit der in dem Kraftwerk erzeugten Wärmeenergie wollen wir das gesamte Werk versorgen, auch die Produktion von Panzern, Waffen und Munition.

Haben Sie gesamthaft einen Überblick über den CO2-Fußabdruck Rheinmetalls?

Ja, natürlich. Wir erfassen aus allen Bereichen zentral, was wir monatlich für CO2-Emissionen haben und aus welchen Energieträgern sie kommen. Und daraus werden Maßnahmen abgeleitet, zum Energiesparen und zum Umstieg auf erneuerbare Energien. Mir reicht es aber mittelfristig nicht, nur grünen Strom zuzukaufen – denn damit bleiben wir ja immer Stromverbraucher. Ich strebe für uns mittelfristig die Rolle des Energieerzeugers an – das ist nämlich ein echter Beitrag zu Nachhaltigkeit. Um das zu erreichen, suchen wir nach Möglichkeiten, einen eigenen Windpark aufzustellen. Derzeit schauen wir nach geeigneten Flächen. Um den Stromverbrauch Rheinmetalls in Deutschland abzudecken, bräuchte es etwa 16 Windräder mit jeweils 4 Megawatt Leistung. Das wäre eine Investition im dreistelligen Millionenbereich, das muss man natürlich Schritt für Schritt aufbauen. Aber über die Jahre ist es machbar und es ist mir wirklich ein Herzensanliegen. Wir können CO2-frei werden, nicht nur CO2-neutral dank Kompensationen. Das ist fast jede Anstrengung wert.

Sie stehen jetzt seit bald zehn Jahren an der Spitze von Rheinmetall, Herr Papperger. Welche Entscheidung aus dieser Dekade sehen Sie als besonders herausragend für die Entwicklung des Unternehmens an?

Dass ich mir die richtigen Leute gesucht habe! Der Erfolg eines Unternehmens basiert auf Teamarbeit. Wir haben hochmotivierte Menschen, die letztendlich Rheinmetall und damit unserer gemeinsamen Verantwortung dienen. Das ist für mich das Wichtigste.

(Foto: Henning Ross)

Mein Dank gilt allen, die sich für Rheinmetall einsetzen. Besonders dankbar bin ich meinem langjährigen Weggefährten Helmut Merch, der sich in zehn Jahren als Finanzvorstand um den Konzern sehr verdient gemacht hat. Er wechselt zum Jahresende in den wohlverdienten Ruhestand, nach insgesamt vierzig Jahren bei Rheinmetall. Eine weitere wichtige Entscheidung war, die Zwischenbereiche Defence und Automotive abzuschaffen.

Es ist uns gelungen, Automotive in einen Unternehmensbereich umzuwandeln, der nun auch seine Chancen in anderen wichtigen Wachstumsbereichen nutzt, zum Beispiel in der Wasserstofftechnologie. Damit sind wir gut aufgestellt für die neue Epoche, die vor uns liegt – die Epoche des starken Wachstums. Wir werden ein Wachstum zwischen 10 und 20 Prozent pro Jahr haben, und dazu braucht es eine sehr stabile und hoch motivierte Mannschaft. Ich bin sehr froh, dass wir diese Mannschaft haben.

Und diese Mannschaft braucht Verstärkung. Alle, die Spaß haben an Herausforderungen, sollen sich bei Rheinmetall melden! Wir haben gut zu tun und suchen gute, zuverlässige, loyale Leute. Erfolg macht sexy, sage ich gerne, und in dem Sinne hat Rheinmetall einiges zu bieten, mit sicheren Jobs und tollen Entwicklungschancen im Inland als auch international.

ARMIN PAPPERGER
Jahrgang 1963, ist seit 1. Januar 2013 Vorsitzender des Vorstands der Rheinmetall AG. Zugleich verantwortet er als Vorsitzender des Bereichsvorstands die Unternehmenssparte Defence. Nach dem Studium begann der diplomierte Ingenieur 1990 seinen beruflichen Werdegang im Qualitätsmanagement der Defence-Sparte des Rheinmetall-Konzerns. Nach einigen weiterführenden Stationen in diesem Bereich war er von 2001 an Geschäftsführer verschiedener Tochtergesellschaften des Unternehmensbereichs Defence. Im Juli 2007 wurde er zum Geschäftsbereichsleiter Waffe und Munition ernannt. Anfang 2010 übernahm Papperger die Verantwortung für die Geschäftsbereiche Fahrzeugsysteme sowie Waffe und Munition im Bereichsvorstand Defence. Seit 1. Januar 2012 ist er Mitglied des Vorstands der Rheinmetall AG.

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