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Stärkung der Rüstungsindustrie

28. August 2025 - von Dr. Theodor Benien

Die neue Strategie für die Sicherheits- und Verteidigungs­industrie (SVI) soll die politische, strategische und wirtschaftliche Bedeutung dieser Hochtechnologie-Branche nachhaltig stärken. Entscheidend wird sein, dass den strategischen Zielen konkrete, kluge und kraftvolle Taten folgen, die eine erkennbare Wirkung in Deutschland und Europa erzeugen.

Sieben Handlungsfelder für eine leistungsfähige Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (SVI)

Mit der Nationalen SVI-Strategie setzt die Bundesregierung die politischen, wirtschaftlichen, regulatorischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für eine Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungswirtschaft. Insgesamt identifiziert das Strategiepapier sieben Handlungsfelder:

  • Sicherheits- und verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien auf nationaler Ebene vorhalten. Ziel ist der Erhalt und die Stärkung der nationalen technologischen Souveränität.
  • Strategisch relevante Schlüsselindustrien weiter schärfen und fördern. Im Fokus steht ein Gesamtansatz zur engeren Verzahnung von ziviler und militärischer Forschung und Entwicklung.
  • Den Staat als Nachfrager und Ermöglicher positionieren. Darunter fallen Maßnahmen zur Diversifizierung und Resilienz von Lieferketten.
  • Hemmende Regularien identifizieren und gesetzliche Rahmenbedingungen bei Bedarf anpassen – wie planungs- und genehmigungsrechtliche sowie bürokratische Auflagen beim Auf- und Ausbau von Produktions-, Lager- und Unterstützungskapazitäten.
  • Finanzielle Rahmenbedingungen der SVI überprüfen. Inwiefern lassen sich die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und das deutsche Förderbankensystem zur Finanzierung der SVI zusätzlich aktivieren?
  • Fachkräftebasis am Standort Deutschland sichern. Die bereits beschlossene branchenübergreifende Fachkräftestrategie ist in klar definierten Handlungsfeldern umzusetzen.
  • Europäische und internationale Kooperation stärken. Gefordert sind unter anderem mehr europäische Rüstungs- und Beschaffungsvorhaben sowie ein vereinfachtes EU-Vergaberecht für Güter und Dienstleistungen der SVI.

Schneller mehr Rüstungsgüter produzieren – das ist die Kernaussage der neuen Strategie für die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (SVI), die das Bundeskabinett am 4. Dezember 2024 verabschiedet hat. Dafür sollen hierzulande Produktionskapazitäten erhöht, grenzüberschreitende Rüstungskooperationen und Beschaffungen erleichtert und wichtige Schlüsseltechnologien in Deutschland gefördert werden.

Das Dokument beschreibt das Leitbild zur Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungswirtschaft, sendet eine klare Botschaft an die strategisch relevante Branche und unterstreicht ihren unverzichtbaren Beitrag für die Wehrhaftigkeit Deutschlands. Das Strategiepapier, das Verteidigungs- und Wirtschaftsministerium in einem mühsamen Abstimmungsprozess gemeinsam erarbeiteten, ersetzt das aus dem Jahr 2020. Die Neuauflage berücksichtigt die militärische Bedrohungslage in Europa, die sich durch den Beginn des Ukraine-Krieges vor mehr als 1.000 Tagen dramatisch verändert hat. Die Bundesregierung verfolgt mit der beschlossenen Strategie das Ziel, die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Deutschland und Europa weiter auszubauen. Oberste Priorität haben dabei die rüstungsindustriellen Anforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung. Im Fokus steht eine dynamische und skalierfähige sowie innovative und adaptive Industrie, die international wettbewerbsfähig sein muss und die Bedarfe der Bundeswehr und der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) abdecken kann.

BDSV und BDLI: Neue Strategie – ein wichtiger Zwischenschritt

Der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) und der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) haben in einer gemeinsamen Erklärung die neue Strategie als „wichtigen Zwischenschritt“ und „konstruktiven Ansatz“ dieser Industriebranche bewertet. Der Hauptgeschäftsführer des BDSV, Dr. Hans Christoph Atzpodien, sagte dazu: „Mit Blick auf die gewaltigen Herausforderungen, um die Fähigkeitslücken der Bundeswehr zu schließen und weiter einen Beitrag zur Unterstützung der Ukraine zu leisten, bedarf es vor allem einer schnellen Operationalisierung der in der Strategie erwähnten Handlungsfelder.“ Es sei wünschenswert, dass die Industrie mit der neuen Bundesregierung auf den verabschiedeten und noch weiterzuentwickelnden Ergebnissen aufsetzen könne.

Nach der Definition muss die Implementierung folgen

Eine sorgfältige Analyse der SVI-Strategie kommt zu dem Ergebnis, dass sie keine hastig zusammengewürfelte „Loseblattsammlung“ ist, sondern ein durchdachtes Papier mit klaren strategischen Zielen, die allerdings nicht alle Erwartungen und Wünsche der Verteidigungsindustrie erfüllen wird. Dies ist auch nicht verwunderlich, da die Strategie unter äußerst schwierigen koalitionspolitischen Rahmenbedingungen entstanden ist. Denn in der Phase, in der die interne Abstimmung des Papiers in Berlin noch etwas Zeit brauchte, begann sich die Ampel-Regierung in einem dramatischen Akt der politischen Selbstauflösung zu liquidieren und verzögerte die Fertigstellung des Strategiepapiers, auf das die Branche lange und gespannt gewartet hatte.

Entscheidend ist nun, dass die Strategie auch tatsächlich umgesetzt wird. Vieles beziehungsweise (fast) alles wird davon abhängen, in welchem Umfang die am 23. Februar gewählte neue Bundesregierung die identifizierten Maßnahmen vorantreibt und inhaltlich weiterentwickelt. Die finanzielle Grundlage dafür hat der scheidende Bundestag in buchstäblich letzter Minute mit der Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigung und Sicherheit geschaffen.


Autor

Dr. Theodor Benien

hat über 30 Jahre als Leiter Kommunikation in verschiedenen Divisionen der Airbus-Gruppe gearbeitet und war zuletzt Vice President Communications im Eurofighter-Konsortium. Seit 2020 arbeitet er als selbstständiger Kommunikationsberater mit Schwerpunkt „Internationale Sicherheits- und Verteidigungspolitik“.

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