Vom Kopf in die Maschine
11. Oktober 2024
15. August 2023
Ohne grünen Wasserstoff können Wirtschaft und Militär nicht klimaneutral werden. Noch sind Produktion, Speicherung und Transport des begehrten Gases nicht massentauglich. Rheinmetall will dies ändern.
Wasserstoff
Nichts steht mehr für die Hoffnung auf eine klimafreundliche Zukunft als Wasserstoff. Lässt man ihn mit Sauerstoff reagieren, erhält man Wasser und – da die Reaktion exotherm ist – als Nebenprodukt Energie: in Form von Wärme bei seiner Verbrennung, als elektrische Energie in der Brennstoffzelle. Das Problem: Obwohl er in gebundener Form in der Natur häufig vorkommt, ist die Erzeugung von grünem Wasserstoff aktuell noch vergleichsweise teuer. Eine wettbewerbsfähige Produktion in Gigawattmaßstäben fehlt. Speicherung und Transport bringen weitere Herausforderungen mit sich. Lohnt es sich also, in entsprechende Technologien zu investieren? Wie steht es um die Wirtschaftlichkeit von Wasserstoff? Wie lassen sich die notwendigen Strukturen schaffen?
Herstellung
Grüner Wasserstoff lässt sich dort am sinnvollsten produzieren, wo genügend erneuerbare Energie zur Verfügung steht, um die Wasser-Elektrolyse klimaneutral zu betreiben – wie beispielsweise in Süd- und Westafrika oder in Australien. In Deutschland will die Bundesregierung bis 2030 eine Elektrolysekapazität von mindestens zehn Gigawatt aufbauen. Experten gehen davon aus, dass die Wasserstoffpreise fallen werden. Verglichen mit heute sollen sich die Erzeugungskosten von grünem Wasserstoff bis zum Ende des Jahrzehnts um ein Drittel bis zur Hälfte reduzieren.
Transport
Ob unter Druck, verflüssigt, gebunden, per Lkw, Pipeline oder Schiff: Je nach Menge und Distanz sind unterschiedliche Methoden für den Transport von Wasserstoff sinnvoll. Welche Verfahren in Zukunft zum Einsatz kommen, ist derzeit noch offen.
Einsatz
Anwendung findet grüner Wasserstoff zuerst dort, wo es keine Alternativen gibt. Wo Wasserstoff in großen Mengen benötigt wird und wohin der Transport sich daher verhältnismäßig einfach gestaltet: in der Stahl- und Chemieindustrie und in Form von E-Fuels im Langstrecken- und Schwerlastverkehr.
Auch wenn die prognostizierten Zahlen zur globalen Wasserstoffnachfrage mitunter variieren, sind sich die Marktexperten in einem Punkt doch einig: Die Kurve zeigt steil nach oben. Bis 2050 sollen weltweit 660 Millionen Tonnen Wasserstoff benötigt werden, schätzt beispielsweise der internationale Hydrogen Council. Verglichen mit 2020 ist das mehr als das Siebenfache. Kein Wunder, eignet sich Wasserstoff doch für verschiedenste Anwendungen – ob als Rohstoff für die Industrie, als synthetischer Energieträger oder als nachhaltiger Treibstoff für Brennstoffzellen.
Alternativlos in der Prozess- und chemischen Industrie
Am größten ist der Bedarf, wo Alternativen fehlen wie in der Prozess- und chemischen Industrie. Dort wird er derzeit hauptsächlich noch per Dampfreformierung aus fossilem Erdgas gewonnen. Die damit verbundenen Treibhausgasemissionen sind enorm. Weitaus klimafreundlicher lässt sich das Gas mit Elektrolyseuren herstellen. Sie spalten Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff auf. Stammt der dafür erforderliche Strom aus Solar- oder Windkraftanlagen, entsteht das, was gemeinhin als grüner Wasserstoff bezeichnet wird.
Noch sind entsprechende Herstellungsverfahren aufwändig und damit teuer. Sicher ist allerdings: Je günstiger sich erneuerbarer Strom produzieren lässt und je weiter die Entwicklung der Wasserelektrolyse fortschreitet, desto erschwinglicher wird grüner Wasserstoff werden. Bis es so weit ist, sollte das vorerst knappe Gut dort Verwendung finden, wo grüner Wasserstoff aus ökologischer Sicht als einzig sinnvolle Variante gilt: Dies betrifft zum einen die Herstellung so genannter E-Fuels für den zivilen und militärischen Flug-, Schwerlast- und Schiffsverkehr. Und zum anderen die Dekarbonisierung der oben genannten Industrien.
Ungelöste Frage des Transports
Manche der betroffenen Unternehmen, allen voran die Stahlindustrie, arbeiten bereits mit Hochdruck daran, zukünftig grünen Wasserstoff in unmittelbarer Nähe zu ihren Fertigungsstätten zu produzieren. Und das aus gutem Grund. Denn sowohl der Transport als auch die Speicherung des flüchtigen und mitunter hochexplosiven Gases sind naturgemäß nicht ganz unproblematisch und deshalb mit erheblichen Herausforderungen verbunden.
Bei kurzen Distanzen erfolgt der Transport bis dato meist auf der Straße. Während der Ausbau von Pipelinesystemen enorme Investitionen erfordert, bieten speziell ausgerüstete Lkw eine schnelle und kostengünstige Option. Sie stellen allerdings in Bezug auf die Sicherheit höchste Anforderungen an die Tank- und Druckbehältnisse. Andere Ansätze arbeiten beispielsweise an der Methanisierung, um den chemisch gebundenen Wasserstoff per Tanker über die Meere zu transportieren. Welche Wege letzten Endes zum Ziel führen, ist derzeit noch offen. Klar ist aber: Ohne eine geeignete Logistik kann eine Wasserstoffwirtschaft nicht funktionieren. Dafür werden sowohl neuartige Speichermethoden und -behälter als auch teilweise gänzlich neue Transporttechnologien benötigt.
Grossserienfertigung für den Markthochlauf
Der Markt für Wasserstofftechnologien wird in den nächsten Jahren gewaltig wachsen. Davon ist Shena Britzen, Head of Hydrogen Program bei Rheinmetall, überzeugt. Der Technologiekonzern arbeitet deshalb schon heute gemeinsam mit Forschungseinrichtungen und Kunden am Aufbau eines neuen Wasserstoffökosystems. „Unser Ziel ist die Entwicklung marktfähiger Lösungen und Komponenten, mit denen sich Wasserstoff kostengünstig herstellen, speichern und transportieren lässt“, erklärt Britzen die Strategie des Unternehmens. Der DAX-Konzern versteht sich als so genannter „Schaufelhersteller“, wie Zulieferunternehmen für boomende Branchen in Börsenkreisen gerne bezeichnet werden. Als technologischer Vorreiter verfügt Rheinmetall über langjähriges Know-how in der Großserienfertigung von Brennstoffzellenkomponenten. Das Unternehmen ist industrieller Partner im Forschungs- und Entwicklungskonsortium des Zentrums für Brennstoffzellen Technik (ZBT) in Duisburg sowie Mitglied der durch den Bund und das Land Nordrhein-Westfalen finanziell unterstützten Wasserstoff- und Brennstoffzelleninitiative. „Wir wollen die Wasserstoffökonomie in den nächsten Jahren und Jahrzehnten entscheidend mitprägen“, betont Britzen. Dafür investiert die Unternehmensgruppe weltweit.
Neue Generation der Elektrolyse
Ihr jüngstes Innovationsvorhaben in Kooperation mit zwei Technologiepartnern optimiert die bewährte Technik der alkalischen Elektrolyse. Aufgrund ihrer geringen Leistungsdichte können herkömmliche Anlagen pro Quadratzentimeter Fläche vergleichsweise wenig Wasserstoff produzieren. Dementsprechend hoch ist ihr Material- und Platzbedarf. Für die nächste Generation der alkalischen Elektrolyse sollen der Wirkungsgrad und die Leistungsdichte deutlich erhöht werden. Basis sind fortschrittliche, kostengünstige und industriell skalierbare Elektroden- und Membrankomponenten. Diese werden von den beteiligten Partnern in enger Zusammenarbeit zu einem Elektrolyse-Stack integriert und eingehend getestet. „E2ngel“, so der Name des gemeinsamen Projekts, will mit dem leistungsfähigen Elektrodenpaket zu niedrigen Herstellungskosten die Wasserstoffgewinnung wirtschaftlicher als heute gestalten und damit einen wesentlichen Beitrag zur globalen Energietransformation leisten.
H2LORICA: Druck machen in Sachen Tanksysteme
Die Elektrolyse ist jedoch nicht das einzige Feld, auf dem Rheinmetall in Sachen Wasserstoff Entwicklungsarbeit leistet, wie Shena Britzen erklärt. „Größtes Marktpotenzial bieten aus unserer Sicht die Speicherung und der Transport von Wasserstoff. In Kooperation mit dem Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen haben wir eine Technologie zur Herstellung innovativer Drucktanks entwickelt. Diese Technologie soll nun zur Produktreife gebracht werden.“ Aktuell befindet sich das Projekt mit dem Namen H2LORICA in der Prototypenentwicklung und Validierung. Die entsprechende Maschine für die Großserienproduktion konzipiert Rheinmetall in enger Zusammenarbeit mit einem Anlagenhersteller. Verglichen mit dem aktuellen Status quo verkürzt die neue Fertigungstechnik die Wickelzeit um bis zu 80 Prozent – und das mit weniger Carbon und mehr Speicherkapazität. Gleichzeitig führt eine neue integrierte Branderkennung zu einer höheren Gesamtsicherheit der Composite-Druckbehälter.
Mehr Versorgungssicherheit für Südafrika
Rund 9.500 Kilometer weiter südlich, in Kapstadt, ist der Konzern bereits einen Schritt weiter. Hier in der Hafenstadt an der Südwestküste Südafrikas hat das Tochterunternehmen Rheinmetall Denel Munition (RDM) unlängst eine schlüsselfertige Modullösung auf den Markt gebracht, mit der sich grüner Wasserstoff erzeugen, speichern und transportieren lässt. Die Entwicklung der sowohl mobil als auch stationär einsetzbaren Container kommt nicht von ungefähr, wie der CEO von Rheinmetall Denel Munition, Jan-Patrick Helmsen, erläutert. „Die Netzinfrastruktur der öffentlichen Stromversorgung hierzulande ist veraltet und vielerorts marode. Die Stromerzeugung ist zu gering, als dass sie für die vielen Verbraucher im Land reichen würde. Um komplette Blackouts zu vermeiden, stellt der staatliche Energiekonzern mehrmals am Tag für mehrere Stunden den Strom ab.“ Das „Loadshedding“, übersetzt Lastabwurf, sei nicht nur für die Privathaushalte ein Ärgernis, so der Manager. „Insbesondere die Wirtschaft leidet seit Jahren massiv unter den Abschaltungen.“
Zukunftsinvestition Südafrika
Neben der Produktion von Munitionsfamilien im Groß- und Mittelkaliber entwickelt sich Rheinmetall Denel Munition (Pty) Ltd. zunehmend als Green Energy Solution Provider Südafrikas. Seit dem Start seines Joint Ventures mit Denel im Jahr 2008 hat Rheinmetall in Südafrika mehr als 200 Millionen Euro investiert.
100
Mio. Euro in Infrastruktur
75
Mio. Euro in Technologie & Produktentwicklung
15
Mio. Euro in Aus- und Weiterbildung & Stipendien
12
Mio. Euro in erneuerbare Energien
Strom für entlegene Kommunen
Aus Not behelfen sich viele Unternehmen und Gemeinden mit Alternativen. Wenn wieder einmal die Lichter ausgehen, springen überall die Generatoren an. Statt klimaschädlicher Dieselgeneratoren kann die dringend benötigte Versorgungssicherheit in Zukunft über CO2-neutrale, autarke Energielösungen wie die von Rheinmetall Denel Munition garantiert werden. Solarenergie für die Herstellung des Wasserstoffs gibt es im sonnenverwöhnten Südafrika satt. Die Produktionsmenge lässt sich individuell auf den jeweiligen Bedarf zuschneiden.
Absatz verspricht sich Rheinmetall insbesondere auch in den so genannten Remote Communitys, die nicht an das öffentliche Netz angeschlossen sind. „Eine Containerlösung mit Solarpanelen, Elektrolyseur und Speicher kann 30 bis 40 Haushalte dauerhaft mit Strom versorgen“, weiß Helmsen. „Unser System lässt sich überall dort einsetzen, wo unabhängige, verlässliche Energie benötigt wird: in Townships, Industrieanlagen oder Feldlagern.“ Er und sein Team sind bereits mit interessierten Unternehmen im Gespräch, um die Technologie des Green Energy Solution Providers Rheinmetall zu skalieren und für verschiedene Anwendungsfälle verfügbar zu machen.
Blaupause für Down Under
In ähnlicher Weise können die Remote Communitys in Australien von der neuartigen Containerenergie profitieren. Dort leben rund 29 Prozent der Bevölkerung in ländlichen und entlegenen Gebieten. „Die Fertigung der Modullösung für den australischen Markt soll im Werk der Rheinmetall Defence Australia in Brisbane erfolgen“, kündigt Shena Britzen an. „Der Aufbau der entsprechenden Produktionsanlagen ist bereits in Planung.“ Gleichzeitig will der Standort in die Herstellung von Elektrolysecontainern einsteigen.
Klimafront: Die Dekarbonisierung der Bundeswehr
Die NATO-Streitkräfte in Europa stehen vor der Herausforderung, ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern und sich unabhängig von der Einfuhr fossiler Energien aufzustellen. Synthetisch mit Wind- und Sonnenstrom hergestellte E-Fuels eröffnen dafür einen gangbaren Weg. Entsprechende Produktionsanlagen könnten das 5.200 km umfassende Central European Pipeline System (CEPS) der NATO zuverlässig mit dem klimafreundlichen Kraftstoff versorgen. Wird die grüne PtXTechnologie als ein wichtiger Beitrag zur Verteidigungsbereitschaft der NATO anerkannt, lässt sich ihre Ausweitung erheblich beschleunigen.
Für ihre Mobilität zu Land, zu Luft und zu Wasser emittierte die Bundeswehr im Jahr 2020 insgesamt
630.000
Tonnen CO2.
Dies entspricht in etwa
238.000.000
Litern Kraftstoff
(Single Fuel Policy) pro Jahr.
60%
des eingesetzten Ökostroms
können als Energie im Kraftstoff gespeichert werden. Eine PV-Anlage liefert pro Quadratmeter 0,1 kW elektrische Leistung.
23.000
km² PV-Fläche
Um diese Energiemenge aus Sonnenlicht in Deutschland zu erzeugen (1.650 Stunden Sonnenlicht pro Jahr), wären etwa 23 Quadratkilometer PV-Fläche erforderlich.
5 – 10
Mrd. Euro
Unter Verwendung der heute verfügbaren Technologie und unter Berücksichtigung der Skalierungseffekte würden sich die Gesamtinvestitionen für die PV- und PtX-Anlagen auf schätzungsweise fünf bis zehn Milliarden Euro belaufen.
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik / eigene Berechnungen
Streitkräfte der Zukunft: Mit Wasserstoff zur Energieautonomie
Eine sichere Energieversorgung garantiert Stabilität. Dies betrifft nicht nur die Wirtschaft und Gesellschaft, sondern auch die weltweiten Streitkräfte. Insbesondere im Gefecht ist deren Bedarf an Energie immens. Über 262 Millionen Liter Kraftstoff würden die europäischen Kampftruppen der NATO laut Experteneinschätzung pro Tag im Rahmen ihrer Operationen verbrauchen. Umso mehr wundert es, dass der militärische Sektor in der öffentlichen Diskussion zu klimapolitisch wichtigen Fragen kaum Erwähnung findet. Geschichtlich gesehen wurden neue Technologien häufig zuerst militärisch genutzt. Wird die Dekarbonisierung zur Ausnahme?
Spätestens mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 ist klar: Die Freiheit, Ökonomie und Sicherheit der westlichen Welt hängen davon ab, dass ausreichend Energie zur Verfügung steht. So gilt es heute mehr denn je, energie- und verteidigungspolitisch souverän zu werden und die Energieversorgung im militärischen Sektor nachhaltig zu diversifizieren.
Staatssache E-Fuels
Während die Schlacht um den Antrieb der Zukunft im zivilen Personenkraftverkehr bereits geschlagen zu sein scheint, wird angesichts der oben genannten Zahlen schnell deutlich: Im Feld hat Elektromobilität keine Zukunft. „Niemand wird den Streitkräften eine Ladeinfrastruktur an die Front bauen“, äußert Britzen. Ohnehin würden Akkus aufgrund ihrer geringen Leistungsdichte niemals den hohen Energiebedarf von schweren Militärfahrzeugen decken können. Ebenso entscheidend sei der Faktor Zeit – nicht nur unter Gefechtsbedingungen geht Tanken schneller als Laden. „Wir müssen in Logistik denken“, betont die Energie- und Militärexpertin. Ansonsten führe das am Ziel vorbei.
Die Alternative sind E-Fuels. Ihr Vorteil: Sie lassen sich mit grünem Wasserstoff klimafreundlich herstellen und bieten den Streitkräften in Verbindung mit Verbrennungsmotoren dennoch die erforderliche Treibstoffqualität und Zuverlässigkeit. Power-to-Liquid, kurz PtL, nennt man das Verfahren, das dies ermöglicht. Gleichzeitig eröffnet die Technologie einen gangbaren Weg, um eine autarke und damit krisensichere Energieversorgung der europäischen NATO-Truppen sicherzustellen. „Angesichts der geopolitischen Entwicklungen muss die Selbstversorgung der Streitkräfte mit synthetischen Kraftstoffen zur Staatssache erklärt werden“, meint Shena Britzen. „Wir sollten damit aufhören, Treibstoff als Ware zu behandeln“, so Britzen, Major der Reserve der Bundeswehr. „Energie ist eine kritische militärische Fähigkeit.“
Power-to-X
subsumiert alle Verfahren, die überschüssigen Ökostrom in gasförmige oder flüssige Energieträger umwandeln. Dabei steht das X entweder für die Energieform (Gas, Liquid, Heat) oder den Verwendungszweck (Fuel, Chemicals, Ammonia).
Push für die Wasserstoffökonomie
Bislang werden nachhaltig erzeugte synthetische Kraftstoffe noch nicht industriell hergestellt. Dafür gibt es noch zu wenig Wasserstoff auf dem Markt. An den Tankstellen werde man E-Fuels deshalb mittelfristig nicht finden, prognostiziert Shena Britzen. Ganz anders im militärischen Sektor – hier herrsche Handlungsbedarf. Während sich für die Distribution der E-Fuels bestehende Logistikketten wie das Central European Pipeline System (CEPS) der NATO weiterverwenden lassen, müsste das Verteidigungsministerium zwischen fünf und zehn Milliarden Euro in den Aufbau der PV- und PtL-Anlagen investieren, so die Rechnung von Rheinmetall. Im Kriegsfall unterstützen mobile Containerlösungen. „Mit ein paar Lkw mehr könnte ein Brigadekommandeur dezentral seine eigene Treibstoffreserve herstellen“, sagt Shena Britzen. „Ein Elektrolyseur, ein Verdichter, ein Container für die synthetische Kraftstofferzeugung und einer für die Raffinade – mehr ist dazu nicht erforderlich.“ Investitionen, die sich aufgrund der langjährigen Nutzung der Anlagen nicht nur aus Sicht der Total Cost of Ownership lohnen. „Setzen die Streitkräfte als Vorreiter einer klimaneutralen Treibstoffproduktion Zeichen, würde das die Wasserstoffökonomie erheblich beschleunigen“, ist sich Britzen sicher. Über staatliche Fördermittel wäre ein entsprechender Push für den Markt nie erreichbar.
Zaubermittel gegen den Klimawandel
Bei der Produktion von E-Fuels wird CO2 aus der Atmosphäre mittels grünen Wasserstoffs zum künstlich erzeugten Kraft- oder Brennstoff gebunden. Was wie ein Zaubermittel gegen den heutigen Klimawandel klingt, ist in den Grundlagen bereits 1925 von dem deutschen Chemiker Franz Fischer und seinem Mitarbeiter Hans Tropsch entwickelt worden. Große ökonomische Bedeutung erlangte die Fischer-Tropsch-Synthese erstmals während des Zweiten Weltkriegs. Denn das Verfahren ermöglichte, den in großen Mengen benötigten Flüssigtreibstoff aus heimischer Kohle herzustellen. In den Jahren des Wirtschaftswunders ist die Idee der Kohleverflüssigung durch den niedrigen Ölpreis schnell wirtschaftlich unrentabel geworden. Doch bereits zwei Jahrzehnte später erlebte sie unter dem Eindruck der Ölkrise ihre Renaissance.
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