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Verbrennungsmotor versus Elektroantrieb

29. August 2025 - von Richard Backhaus

Verbrennungsmotor oder Elektroantrieb? Beide Konzepte punkten auch jenseits reiner Zahlen, Daten und Fakten mit emotionalen Momenten und hohem Fahrspaßniveau. Das Duell der Kontrahenten läuft nahezu zwangsläufig auf ein Unentschieden hinaus.

Verbrennungsmotor

Ein Verbrennungsmotor wird nicht nur einfach gestartet, er wird vielmehr zum Leben erweckt. Im Leerlauf vibriert er dann mit leichtem Ruhepuls ein- und ausatmend neuen Aufgaben entgegen. Ein Gasstoß, und das begierige Brabbeln mutiert zum angriffslustigen Fauchen. Kein Zweifel, hier ist ein extrovertiertes Wesen am Werk, das gerne auch akustisch zeigt, was es kräfteseitig kann. Bei der Fahrt ergibt sich im Zusammenspiel des Motors mit den Gangstufen des Getriebes eine Symbiose, die in einer einzigartigen, ja sinnlichen Leistungsentfaltung mündet. Sie verläuft nicht mathematisch linear, sondern folgt eigenen Gesetzen; man spürt, dass sich Fachleute mit Benzin im Blut im komplexen Kurvengeflecht aus Leistung und Drehmoment an ein Optimum herangetastet haben. Nach getaner Arbeit beendet ein kurzer Druck auf den Aus-Knopf den Lebensreigen des Motorlaufs. Spritzufuhr und Zündung werden gekappt, eine letzte Kurbelwellenumdrehung, und nur noch das Tickern und Tackern des Abkühlens zeugt vom vorhergehenden Muskelspiel. Der Verbrennungsmotor mag im Vergleich mit anderen Antriebskonzepten ein Raubein alter Schule sein, aber eines mit Seele und Charakter. Ob Familienvan, Sportwagen, Schwerlast-Lkw, Baumaschine oder Ozeanriese auf großer Fahrt – am Verbrennungsmotor führt kein Weg vorbei. Das gilt insbesondere, wenn dauerhaft hohe Leistungen gefordert sind, etwa im industriellen Bereich, aber auch im Motorsport. Kneifen ist ein Fremdwort in seiner Welt, er ist als kräftiger Ausdauersportler unangefochtener Langstreckenmeister, während beim Elektroantrieb der viel zu teuren Batterie schon nach kurzem Sprint die Ladungspuste ausgeht. Reichweite ist beim Verbrennungsmotor einzig durch das Tankvolumen definiert.

Klassiker wie der Jaguar E-Type haben das Autodesign nachhaltig beeinflusst. Aufgrund seiner fließenden Linien, der langgezogenen Motorhaube und des eleganten Heckbereichs gilt das ikonische Coupé bis heute als eines der schönsten Autos aller Zeiten. (Fotos: Adobe Stock | patruflo, art_zzz, euthymia)

Dass Emissionstricksereien und Betrugsskandale dunkle Schatten auf seine Vergangenheit werfen, kann man ihm heute nicht mehr anlasten. Zumal er aus technischer Sicht zweifellos das Zeug zum Saubermann hat. Das Ziel der Entwickler sind „Zero Impact Emissions“, also Schadstoffe in einer Konzentration unterhalb der Nachweisgrenze. Die dazu notwendigen Abgasnachbehandlungssysteme sind schon heute am Markt verfügbar und müssen lediglich entsprechend dimensioniert und angepasst werden.

Bei den klimaschädlichen Kohlendioxiden hilft nur eine Defossilisierung durch alternative Kraftstoffe. Natürlich ist diese Idee nicht neu, schon Henry Ford wollte sein legendäres Model T eigentlich mit Biosprit betreiben. Diesen sollten die Farmer in den USA aus ihren Ernteabfällen erzeugen und am besten direkt am Straßenrand verkaufen. Wie wir wissen, kam es anders, weil die Ölindustrie den Markt sehr schnell mit einem großflächigen Tankstellennetz aufrollte.

Kritiker führen beim Stichwort alternative Kraftstoffe gerne einen Wirkungsgradnachteil bei der Erzeugung gegenüber der direkten Nutzung von Strom aus Wind- und Sonnenkraftwerken im Elektroauto ins Feld. Letztlich ist dieser Einwand müßig, denn wenn wir es ernst meinen mit den selbstgesteckten CO₂-Zielen in Deutschland und in der EU, werden wir ohnehin beide Energieformen parallel einsetzen müssen. Fakt ist, dass wir in Deutschland gar nicht so schnell Windräder, Solarpanels und Versorgungsleitungen in ausreichender Anzahl aufbauen können, wie wir sie für die großen Mengen alternativer Energien beim Ausstieg aus fossilen Brennstoffen benötigen. Von der unzureichenden Elektroauto-Marktdurchdringung ganz zu schweigen. Was spricht dann gegen den pragmatischen Ansatz, in bevölkerungsarmen, aber wind- und sonnenreichen Gebieten der Erde grüne Energie zu produzieren und zu importieren? Profitieren würden beide Parteien, den oftmals unterentwickelten Regionen täte ein Wirtschaftsschub gut und wir wären weniger vom Wohl und Wehe der Elektromobilität und seiner Haupt-Player in China abhängig. Auch würden wir unsere Wirtschaft nicht ganz so stark einbremsen. Ob der Preis der Kraftstoffe aus regenerativen Quellen wettbewerbsfähig gegenüber einer Direktverstromung heimischer Sonnen- und Windenergie ist, sollte statt am grünen Tisch doch besser durch die Kräfte des Marktes entschieden werden. Ein weiterer Pluspunkt von E-Fuels, also alternativen Kraftstoffen mit ähnlichen chemisch-physikalischen Eigenschaften wie Benzin oder Diesel, ist die Rückwärtskompatibilität mit den Fahrzeugen im Feld. E-Fuels können fossilen Kraftstoffen zugemischt oder sogar in Reinform getankt werden und machen jedes Fahrzeug der Bestandsflotte zum klimafreundlichen Ökomobil. Der Verbrennungsmotor ist noch lange kein Alteisen!

Auch wenn manche batteriebetriebenen Modelle wie der VW ID.Buzz oder der Renault R5 im retro-futuristischen Design Nostalgie aufleben lassen, wird sich die Masse an E-Autos künftig recht ähnlich sehen. Die Batteriestruktur im Boden bietet wenig Raum für Spielereien. (Fotos: iStock | tiero; Adobe Stock | Rattanachai, IM Imagery)

Autor

Richard Backhaus

ist Technikjournalist und beschäftigt sich schon seit mehr als 30 Jahren mit allen Themen rund um die künftige Mobilität.

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