Rheinmetall: Ein starker Partner an der Seite der Ukraine
3. Dezember 2024
11. Oktober 2024
Im ungarischen Zalaegerszeg produziert Rheinmetall Hungary den Schützenpanzer Lynx. Auf 33 Hektar setzt die 2023 fertiggestellte Anlage neue Maßstäbe – innerhalb Europas und weltweit.
Rheinmetall Hungary Zrt. Zalaegerszeg
Hightech-Werk im Westen Ungarns: Rheinmetall Hungary Zrt. ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Rheinmetall Landsysteme GmbH und der ungarischen Regierung. Der Firmensitz des Joint Ventures liegt im ungarischen Zalaegerszeg.
Geschäftsfelder
Im hochmodernen Entwicklungs-, Produktions- und Testzentrum in Zalaegerszeg produziert Rheinmetall Lynx-Schützenpanzer und perspektivisch andere militärische Ketten- und Radfahrzeuge für die ungarischen Streitkräfte. Gleichzeitig kümmert sich das Unternehmen um die Versorgung mit Ersatzteilen und um die Ausbildung der Panzerfahrer.
Mitarbeiter
300
(bis Ende 2024)
Heimatmarkt
Rheinmetall wird Ungarn künftig als Heimatmarkt mit inländischer Fertigung und heimischen Fähigkeiten bedienen. Dazu erweitert der Technologie- und Rüstungskonzern sukzessiv seine Produktionskapazitäten im Land. Neben dem Werk in Zalaegerszeg sind folgende Standorte im Aufbau:
Várpalota Serienproduktionsbeginn für 2024 geplant, Produktion von Mittel- und Großkalibermunition, Mitarbeiter: 200 (geplant)
Szeged Im Aufbau (Spatenstich April 2024), Hybridstandort, Produktion für Wasserstoff- und Elektromobilität, Mitarbeiter: 200 (geplant)
Budapest Seit 2023, Digitalisierungs- und Softwareentwicklungszentrum
Der moderne graphitgraue Quader ist schon aus einigen Kilometern Entfernung sichtbar. In Ungarns Westen, nahe dem beschaulichen Städtchen Zalaegerszeg, wird für die Landesverteidigung produziert und das darf, zumindest von außen, jeder sehen. Seit Januar 2023 baut hier Rheinmetall Hungary den Schützenpanzer Lynx. Offiziell in Betrieb genommen hat der Technologie- und Rüstungskonzern das Werk im August 2023. Das Entwicklungs-, Produktions- und Testzentrum, das sich über ein 33 Hektar großes Areal erstreckt, ist von Grund auf nach neuesten Fertigungs- und Logistikprinzipien konzipiert und errichtet worden.
„Ja, diese Anlage ist die modernste ihrer Art“, bestätigt Paul Walf, CEO von Rheinmetall Hungary, den Eindruck des Besuchers. „Hier schöpfen wir alle Möglichkeiten aus, die uns das 21. Jahrhundert bietet.“ Bevor der studierte Wirtschaftswissenschaftler und Politologe nach Ungarn ging, war er Assistent von Rheinmetall-Vorstandschef Armin Papperger und leitete anschließend die zentrale Koordinierungsstelle Ungarn. So hatte er den Aufbau des Werks von Anfang an im Fokus: „Ich kenne das Projekt seit der ersten Stunde.“ Für die neue Aufgabe zog der 37-Jährige mit seiner Familie von Düsseldorf nach Zalaegerszeg. „Ganz oder gar nicht – der Chef muss vor Ort sein!“
Symbiose aus Prestige und Funktion
Rheinmetall Hungary ist ein Joint Venture zwischen der ungarischen Regierung, die 49 Prozent der Unternehmensanteile hält, und der Rheinmetall Landsysteme GmbH, die 51 Prozent besitzt. Die Ungarn stellten dabei, vereinfacht gesagt, den Standort, Rheinmetall brachte das technologische Know-how sowie die moderne Ausstattung mit. Grundstein der Partnerschaft ist der Lynx. Als erster NATO- und EU-Mitgliedstaat setzten die Ungarn auf den hochmodernen Schützenpanzer von Rheinmetall, produziert wird nun größtenteils vor Ort.
Auch wenn das Werk primär auf die Ansprüche der Fertigung ausgerichtet ist, kommt die Repräsentation nicht zu kurz. Die beeindruckende Lobby mit ihrer riesigen Glasfront ist das Eingangstor für Mitarbeiter und Gäste. Doch erst das Obergeschoss offenbart: Hier haben die Planer über jeden Raum, jeden Arbeitsschritt nachgedacht. Ein Beispiel ist die Regelung des Besucherverkehrs. Der Großteil der Gäste soll verständlicherweise nur so wenig wie möglich von der eigentlichen Produktion sehen. Deswegen gibt es Konferenzräume, die den Büros vorgelagert sind. „So können zum Beispiel Lieferanten zu Meetings empfangen werden, ohne dass es zu Durchgangsverkehr in den anderen Abteilungen kommt“, erklärt Paul Walf.
Paul Walf,
Jahrgang 1986, verantwortet als CEO die Geschäfte im Joint Venture der Rheinmetall Landsysteme und der ungarischen Regierung. Davor leitete der studierte Wirtschaftswissenschaftler und Politologe beim Rüstungskonzern die zentrale Koordinierungsstelle Ungarn.
Diese sitzen parallel zu dem sogenannten „Meistergang“, einem langen Durchgang, der das ganze Obergeschoss quert. Rechts, hinter Glas, befinden sich die Büros der sogenannten „White Collar“-Abteilungen, die nach Arbeitsabläufen und Kommunikationsstruktur angeordnet sind. Den Anfang machen die Entwicklungsabteilung, Produktion, Qualitätssicherung, mittig Projektmanagement und Sitemanagement und schließlich Finanzen, Controlling, Commercial und die Firmenleitung.
Höchste Präzision in der Fertigung
Auf der linken Seite des Meistergangs geht der Blick nach unten auf die Produktionshallen. Links die Schweißerei, rechts die Endmontage oder, wie es Paul Walf scherzhaft ausdrückt, der „schmutzige“ und der „saubere“ Bereich. Denn klar ist: Auch auf der angeblich schmutzigen Seite ist alles so picobello, dass sich jederzeit vom Fußboden essen ließe. Das Produktionskonzept folgt dem Prinzip „alles unter einem Dach“. Das Produktionslayout selbst ist U-förmig aufgebaut, wobei der Wareneingang vor der Schweißerei liegt und die mechanische Bearbeitung und die Fahrzeugprüfung hinter der Montage. Diese Bereiche sind nicht vom Meistergang aus sichtbar.
In der Schweißerei werden die Stahlstrukturen des Lynx und des Lance-Turms gefertigt. Modernstes Equipment kommt zum Einsatz, beispielsweise mehrere 20-Tonnen-Rotatoren für sämtliche Panzerwannen und mehrere Turmstrukturen. Sie ermöglichen es, die Wanne oder den Geschützturm in fast jede erdenkliche Position zu drehen, sodass die Produktionsmitarbeiter die finalen Schweißnähte in höchster Qualität und ergonomisch optimiert „setzen“ können. Allein die Schweißnähte wiegen mehr als 200 Kilogramm. Ein hochmodernes Bearbeitungszentrum und mehrere Lackieranlagen sowie automatisierbare Transportsysteme (FTS) komplettieren die Ausstattung in diesem Bereich.
Eines der Herzstücke in dieser Halle ist die 3D-Messzelle. Ein Laserstrahl, gesteuert von einem Roboterarm, vermisst Wanne und Turm zehntelmillimetergenau. „Jede Schweißnaht, jeder Fertigungsschritt wird hier überprüft, geringste Abweichungen registriert“, so Paul Walf.
Der eigentliche Panzer entsteht dann in der Endmontage. Hier werden in parallelen Produktionslinien Turm und Wanne des Lynx ausgestattet. Zuerst erfolgt der Einbau der hydraulischen Anlage und der Elektronik. Nachdem in einem zweiten Schritt mechanische und optronische Systeme und modernste Sensorik-Komponenten ergänzt sind, integrieren die Fertigungsmitarbeiter Motor und Getriebeeinheit und vollführen die „Hochzeit“ – die Montage des Turms auf der Wanne. Zum Schluss wird der Schützenpanzer in Betrieb genommen, ausgiebig geprüft und mit der kundenspezifischen Tarnlackierung dem Kunden übergeben. Mehrere tausend Arbeitsstunden vergehen, bis aus den Einzelteilen und Unterbaugruppen ein Lynx in der Version IFV (Infantry Fighting Vehicle) entsteht.
Lynx KF41
Dank seiner modularen Bauweise zeichnet sich der Lynx KF41 durch höchste Anpassungsfähigkeit aus. Spezifische nationale Anforderungen lassen sich dadurch präzise erfüllen. Der hochmoderne Schützenpanzer besticht durch seine skalierbare Bewaffnung, verschiedene Schutzschichten, aufrüstbare Systeme und die Fähigkeit, in nur wenigen Stunden vollständig umgerüstet neue Rollen zu übernehmen.
Besatzung: drei Besatzungsmitglieder und eine Absitzstärke von bis zu neun Soldaten.
Die ungarischen Streitkräfte werden den Lynx in acht Varianten erhalten: Neben Standard-Schützenpanzer, Gefechtsstandfahrzeug, Spähpanzer, Feuerleitung, Mörserträger, Sanitätsfahrzeug und Fahrschulfahrzeug wird Rheinmetall einen Flugabwehrpanzer Lynx mit Skyranger-30-Turm entwickeln und produzieren. Der Auftrag hierfür wurde im Dezember 2023 unterzeichnet. Derzeit liegt der Schwerpunkt der Fertigung jedoch auf dem Standard-Schützenpanzer.
Auch andere Länder überlegen aktuell, ihre Schützenpanzerflotten mit dem Lynx KF41 zu modernisieren, darunter die USA, die Ukraine, Rumänien, Italien und Griechenland.
Wartung, Tests – und Synergien
209 Lynx sind für die ungarischen Streitkräfte vorgesehen. Neben den Fertigungskapazitäten ist deshalb auch ein großer Bereich für Wartung und Ausbildung eingerichtet. Dort geht es – noch – vergleichsweise ruhig zu. Allerdings ist s nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Fahrzeuge zum Check anrollen. Alle vier Jahre erfolgt beim Lynx eine große Wartung. Hier wird der Panzer je nach Bedarf komplett auseinander- und wieder zusammengebaut, was je nach Wartungs- und Instandsetzungsaufwand mehrere Monate dauert.
Kein Produkt verlässt das Werk, ohne ausgiebig geprüft worden zu sein. Außerhalb des Hauptgebäudes befindet sich ein groß angelegtes Testgelände, auf dem der Lynx seine Fähigkeiten unter Beweis stellen kann. Auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke beschleunigt der Schützenpanzer auf bis zu 70 km/h. Und natürlich gibt es viele Hindernisse: Ob Aberdeen Proving Ground oder Belgian Block, Steigungen bis zu 60 Prozent, Treppen oder Gräben – für so gut wie alle Geländeformen findet sich auf dem Areal ein Testbereich. Das Tiefwatbecken verfügt über eine Tiefe von 4,5 Metern. Im Notfall kann das 1.100 Kubikmeter große Becken innerhalb von 29 Sekunden abgepumpt werden. Bei Rheinmetall hat die Sicherheit der Menschen stets höchste Priorität.
Das Testgelände sorgt am Standort Zalaegerszeg für Synergien. Rheinmetall Hungary siedelte auf dem Areal des Hightech-Industrieparks Zala-Zone. In unmittelbarer Nachbarschaft steht ein großes Automotive-Zentrum, ebenfalls mit Teststrecke, die unter anderem große deutsche Automobilhersteller wie Audi, BMW und Daimler befahren. Aber die Automarken testen ihre Fahrzeuge gerne auch auf anspruchsvollem Gelände. „Mit unseren Fahrzeugen können wir deren Testtrack leider nicht benutzen“, lacht Paul Walf, „aber sie dafür unseren.“ Bei Bedarf kann Rheinmetall die Strecke vermieten, genau wie die Klimakammer oder den beeindruckenden EMV-Raum (elektromagnetische Verträglichkeit), der sich ebenfalls außerhalb des Hauptgebäudes befindet. Das Prüfobjekt lässt sich dort auf einer Drehbühne platzieren, die einen Durchmesser von 12 Metern und eine Tragkraft von 80 Tonnen hat. Auf diese Weise kann das Team alle Messungen ohne Umbau durchführen. Natürlich werden auch die Waffensysteme des Lynx geprüft – in einem Schießkanal, der unterirdisch angelegt ist.
Heimatmarkt Ungarn
Ungarn ist Mitglied der NATO und der EU. Trotzdem ist es kein Geheimnis, dass sich die Regierungen von Deutschland und Ungarn in einigen Fragen uneins sind. CEO Paul Walf sind die politischen Unstimmigkeiten natürlich bewusst, doch er relativiert: „Die Beziehung zwischen den deutschen und den ungarischen Streitkräften ist hervorragend.“ Hier herrscht tatsächlich noch immer ein Vertrauensverhältnis, denn viele ungarische Offiziere werden in Deutschland ausgebildet und die Strukturen der Bundeswehr dienen als Vorbild für die ungarischen Streitkräfte. Und Paul Walf stellt klar: „Der Technologietransfer wurde selbstverständlich vom Bundeswirtschaftsministerium genehmigt, die Bundesregierung hat uns nie Steine in den Weg gelegt.“
So gut läuft die Zusammenarbeit zwischen Rheinmetall und Ungarn, dass der Konzern Ungarn zum Heimatmarkt erklärt hat, als vierten außerhalb Deutschlands (neben Australien, Großbritannien und den USA) und als zweiten innerhalb der Europäischen Union.
Die Ungarn sind stolz auf das Werk und ihren „Lynx“. Rheinmetall spielt eine zentrale Rolle in der ungarischen Initiative „Zrínyi 2026“, die eine umfassende Modernisierung und lokale Produktion der nationalen Streitkräfte vorsieht. Die ungarischen Truppen haben den hochmodernen Panzer in den Mittelpunkt ihrer Werbekampagne gestellt. „Wir haben in Ungarn eine Markenerkennung wie sonst nirgendwo“, sagt Paul Walf. Und während in Deutschland die Verteidigungsindustrie erst seit Beginn des Ukraine-Kriegs an Ansehen gewonnen hat, haben die Magyaren keine Berührungsängste – die Planungen für das Werk in Zalaegerszeg starteten bereits 2020, lange vor der „Zeitenwende“.
Momentan stehen dort alle Zeichen auf den Lynx, doch in Zukunft beteiligt sich Ungarn auch an der Entwicklung des Kampfpanzers Panther. Eine neue Aufgabe, wie geschaffen für die modernste Verteidigungsproduktion Europas.
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